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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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könnt. Ihr seid heute der reichste Mann der Khillo, reicher als ich selbst; als der größte Kozin unserer Gemeinde habt Ihr -auch große Verpflichtungen, welchen Ihr Euch nicht ent­ziehen dürft."

Jankele kratzte sich hinter den Ohren. Zwanzig, nein vierzigtausend Gulden auf einmal wegzugeben, das war zu viel. Ja, wenn er seine dreimalhunderttausend Gülden richtig bekommen hätte, für diesen Fall hatte er sich schon mit dem Ge­danken vertraut gemacht, 30 000 Gülden Maaßer abzugeben, aber von 200 000 Gulden, 40 000 zu opfern, das schien ihm doch eine Zu starke Zumuthung. Durch Gitel's Intervention gelang es, Jankele zu bestimmen, wenigstens 20 000 Gulden für gute Zwecke zu bewilligen: und Lemberger mußte sich da­mit zufrieden geben.

Als dann aber nach einiger Zeit das Geld eintraf und durch den staatlichen Steuerabzug und die sonstigen Sporteln an den Collecteur die 200 000 Gulden schon sofort erheblich reducirt wurden, hielt sich Jankele bereits für einen ruinirten Mann, fühlte sich so unzufrieden und unglücklich wie niemals zu Zeiten seiner bittersten Armuth und machte sich Vorwürfe, daß er so leichtsinnig auf Rabbi Lemberger's Vorschläge ein- Zegangen war.

Dazu kam noch folgender Umstand. Jankel gehörte nicht zu den Leuten, die lieber reich scheinen, als reich sein wollen. Er zog es vor, arm zu scheinen und reich zu sein. Er hatte daher mit Rabbi Löb Lemberger und seiner Gitel verab­redet, daß das große ihnen widerfahrene Glück, vor der Welt ein Geheimniß sein und bleiben solle. Aber wie's nun einmal in der Welt geht, die Sache wurde ruchbar, und nun war

Jankels Ruhe vollständig hin. Die Armen aus Nah und Fern

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