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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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Empfang nehmen konnte. Nach Abzug des Maaßer, der Stenern, Umzugs- und Einrichtungskosten waren Jankel noch rund 160 000 Gulden geblieben von deren Ertrag er mit seiner Familie mehr als reichlich leben konnte, auch wenn sich kein ge­eignetes Geschäft so bald finden sollte.

Rabbi Löb Lemberger's Mission war erfüllt, er war im Begriff wieder nach Haufe zu reifen. Der Abschied ging der Familie ungemein nahe; sie hatte das Gefühl, als ob mit dem Weggehen Rabbi Löb's der letzte Faden zerrissen wäre, der sie mit ihrem Heimathsort und der ganzen Vergangenheit verband, die nun einer so glänzenden Gegenwart Platz gemacht hatte. Als sich Rabbi Löb verabschieden wollte, überreichte ihm Jankel als Ausdruck des Dankes für alles ihm Geleistete einen kost­baren Ring und einen Brillantschmuck für Frau Rabbi Löb . Rabbi Löb nahm den Schmuck dankbar an, bewunderte als Kenner die theueren, reinen Steine und die tadellose Fassung, dann aber gab er den Schmuck wieder zurück.

Jankel," sagte Rabbi Löb,Ihr und Eure Frau seid noch junge Leute, der Schmuck ist etwas für Euch und Ihr ihn mit Gesundheit tragen. Meine Frau und ich sind zu alt dazu und in U. würden uns die Leute nachlaufen, wenn wir mit solchem Schmuck über die Gasse gingen. Aber für Euch hier in der großen, glänzenden Kaiserstadt passen diese herrlichen Sachen. Ich nehme nichts als weine baaren Auslagen, die Ihr mir ja schon gegeben habt. Aber, wenn ich Euch um etwas bitten darf, so gebt mir als Andenken an das Neß (Wunder), das Euch widerfahren ist. Euer ledernes Geldbeutelchen, worin Ihr Eure 5 Gulden 30 Kreuzer ausbewahrt hattet. Ich will es mit nach Hause nehmen, damit meine Kinder ein greifbares