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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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Auch sich selbst vergaß Feiwel nicht. Sein alter Onkel war ein unberechenbarer Mann, der an dem Neffen und seiner Führung wenig Gefallen hatte. So tüchtig derselbe auch im Geschäfte war, so entschuldigte dies der Onkel doch nicht für den sonstigen lockeren Lebenswandel des Neffen. Dieser suchte daher sein Lebensglück aus kürzerem Wege zu machen. Er war der Familie Goldberger durch seinen Rath und gefälliges Ent­gegenkommen so unentbehrlich geworden, daß er keinen Augen­blick daran zweifelte, er brauche nur um die älteste Tochter Malko anzuhalten, um Schwiegersohn von Jankel und Gitel Goldberger zu werden. Aber Feiwel rückte mit diesem Vor­haben nicht sofort heraus, sondern suchte sein Ziel auf einem Umweg zu erreichen, auf dem ihm noch andere große Vortheile winkten.

Als eines Abends im Familienrathe gemeinschaftlich mit Feiwel Seelenfreund wieder die Frage verhandelt wurde, ob sich für Jankel kein geeignetes Geschäft ausfindig machen lasse, meinte Feiwel, er habe nach vielem Nachdenken etwas sehr Passendes gefunden Jankel solle Banquier werden!

Banquier?" fragte Jankel verblüfft,wie Schmidt und Ehlers meinst Du, bei welchem unser Geld deponirt ist?"

Ganz so meine ich's. Was braucht Ihr Euer Geld fremden Menschen anzuvertrauen, die wer weiß wie viel daran verdienen? Die Kunst könnt Ihr gerade so gut."

Wo denkst Du hin." wandte Gitel ein,wir können nicht einmal schreiben und lesen und kaum rechnen, wie könnten wir Banquiers sein?"

Diese Bemerkung verletzte Jankel's Eitelkeit. Gereizt bemerkte er zu Feiwel:Meine Frau ist sehr demüthig und be­scheiden und geht darin so weit, daß sie es nicht nur für sich.