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schreiben sehen, das kann auf die Däner nicht gut thun. Wie das enden wird, ich weiß es nicht; ich möchte den Mund nicht zum Bösen öffnen, aber gut kann das nicht enden."
Aber das Geschäft ging Wer Erwarten gut. Die Söhne waren herangewachsen und hatten die Schule verlassen. Sie sollten in ein Geschäft eintreten und der Schwager hatte ihnen auch bereits ein solches ausfindig gemacht. Aber sie mußten daselbst den Sabbat entweihen. Mit aller Entschiedenhut legten die Eltern dagegen ihr Veto ein, aber es half nicht viel. Tie Söhne waren ihnen über den Kopf gewachsen und erklärten rundweg, sie wären ihre eigene Herren, sie wollten das schon verantworten.
Das Schlimmste aber war, daß Jankel, abgestumpft durch die Gewohnheit, selbst angefangen hatte, es mit der gewissenhaften "Erfüllung des Gottesdienstes laxer zu nehmen. Seitdem sie ihre neue Wohnung bezogen hatten, besuchte er wegen des weiten Weges weder die Synagoge noch das Bes- Hamidrasch an jedem Tage. Nur am Sabbat hatte er Zeit und Mutze dafür; aber auch das war ihm bald verleidet. Jeder gewissenhafte Genosse, mit dem er dort zusammenkam, war für ihn ein lebendiger Vorwurf, dem er daher lieber aus dem Wege ging. Er erfüllte zwar im Hause gewissenhaft seine religiösen Pflichten wie bisher, aber er that es nur um seiner Pflicht zu genügen; nicht mehr wie früher aus innerem Herzensdrang.. Ein jüdischer Geschäftsfreund hatte ihn einmal mit in ein Restaurant genommen und ihn mit Wein regalirt und Jankel hatte nicht den Muth die Offerte zurückzuweisen, obwohl er wußte, daß er ein bis dahin heilig gehaltenes Gesetz verletzte.
Dazu kam, daß Jankel hoffte, durch solche Nachgiebigkeit ein besseres Verhältniß mit seinem Schwiegersohn anzubähnen.