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Beschlag auf unsere Sachen legen. Der Stuhl, auf dem Du sitzest, das Bett, in dem ich liege, gehört nicht mehr uns. O, hätte ich Dir damals gefolgt, als Du mir zu Hause in U. ab- gerathen hast, das Lotterieloos zu kaufen. Von diesem Kauf datirt unser ganzes Unglück. Hätten wir nicht sechs Jahre die Annehmlichkeiten des Reichthums gekostet, so wäre es etwas Leichtes in Armuth unser Leben zu verbringen, wie wir es früher thaten. Aber jetzt? In wenigen Stunden stehe ich vor den? Richter der Wahrheit und ich habe mich zu verantworten nicht nur für mich, sondern auch für das Unglück, in das ich Dich gestürzt habe. Unseren Kindern hat das Geld ihre Jüdischkeit geraubt, unsere Söhne sind uns, unserer Emunoh (Religion) so entfremdet, daß sie mir nicht einmal Kaddisch nachsagen werden. Das Geld hat mich hart und gefühllos gemacht. Vor wenigen Wochen, als ich noch ein Vermögen von 800 000 Gulden besah, hat mich der Sohn unseres verstorbenen Freundes Lemberger um ein Darlehen von 10 000 Gulden angesprochen, ich habe es ihm verweigert. Diese Gefühllosigkeit hat mein Sllndenmaß voll gemacht und hat sich bitter an mir gerächt. Werde ich dem biederen Rabbi Löb in's treue Auge schauen können, wenn ich die Sechijo haben sollte vor dem Bes din schel Maloh mit ihm zusammen
zu treffen?-Meine Kräfte schwinden, ich muß mit ihnen
Haushalten. Gehe Du wieder zurück nach U. O, könnt ich mit Dir gehn, und unser armes, aber doch so gottgesegnetes, glückliches Leben dort von neuem beginnen! Sei mir alles mauchel und nun lebe Wohl! Chotisi, owisi,-
„Jankel! Jankel! Fehlt Euch was, daß Ihr nicht zu Mincho wäret?" rief Rabbi Nochüm Seelenfreund durch's