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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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nicht mildern kann, dann greife ich zu unseren heiligen Schriften und suche Trost bei ihnen und sie haben ihn mir noch nie ver­sagt. Heute Morgen begegnete ich in den Psalmen Davids dem Satz:Wirf Du nur auf Gott Deine Last, Er wird Dich schon ernähren." Mir fiel dabei eine Erklärüng ein, die ich einmal in meinen jüngeren Jahren von dem berühmten Maggid aus Dubno gehört habe. Der bloße Gedanke an dieses Wort und seine Erklärung nahm mir nicht nur jede Sorge, sondern ich mußte so unwillkürlich lächeln, daß meine Frau, die mich lächelnd bei meinem Psalmbuch fand, fragte, was mir denn Heiteres begegnet sei, und ich mußte ihr die Etklärung sagen, die bei ihr dann dieselbe zufriedene Heiterkeit weckte."

Herr Fürstenthal ersuchte, ihm diese Erklärung auch ein­mal mitzutheilen und Orlowsky war gerne bereit dazu.

Der Maggid von Dubno ist ein berühmter Mann, hier kennt man ihn nicht einmal dem Namen nach; aber bei uns zu Hause lebt er in Aller Munde, obwohl er längst nicht mehr unter den Lebenden weilt. Seine Eigenthü'mlichkeit besteht in der Meisterschaft, die größten Schwierigkeiten durch treffende Gleichnisse zu erklären. Daß hier das Psalmwort die Sorgen mit einer Last vergleicht, die man ruhig auf Gott werfen möge, veranlaßt ihn, dieses Bild durch folgendes GleichNiß aus- .zumalen:

Ein Handwerksbursche, der mit schweren Felleisen auf der heißen Landstraße wanderte, traf einen Wägen und bat den Kutscher um die Erlaubniß, hinten auffitzen zu dürfen. Die Erlaubniß würde gewährt und als nach etwa einer Stunde der Kutscher sich umsteht, bemerkt er, wie der Bursche sein Fell­eisen noch immer auf dem Rücken hat.