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Orlowsky ließ sich aber nicht beirren, auch nicht als 'Fürstenthal ungeduldig die Uhr zog und es auch sonst nicht an Änzeichen fehlen ließ, daß er die Unterhaltung gerne beendigt wisse.
„Wenn Sie nicht von der Ueberzeugung durchdrungen sind, daß Gott, der für jede Menschenseele sorgt, den siebenten 'Tag geheiligt und gesegnet hat, so finde ich Ihre Handlungsweise und die Art ihrer Begründung begreiflich, wenn auch nicht verzeihlich," entgegnete Orlowsky. „Was ich von Ihnen erbitte, ist weiter nichts, als daß Sie auch meinem Standpunkt Gerechtigkeit widerfahren lassen, und mir ihn nicht zu verleiden suchen. Es würde dies auch wenig helfen. Denn abgesehen von der Verehrung, mit welcher jeder gewissenhafte Jude an seinem von Gott gestifteten Sabbat hängt, habe ich gerade nach dieser Seite hin eine Lebenserfahrung hinter mir, die man nicht so leicht abschiittelt, selbst wenn man es wollte, wovor mich Gott ?>n seiner Gnade bewahren wolle. Nicht um Sie etwa zu überreden, sondern nur um mich Ihnen gegenüber zu rechtfertigen, möchte ich Ihnen einmal eine Geschichte aus meinem Leben erzählen, wenn Sie erlauben."
Ob dem reichen, angesehenen Herrn Fürstenthal wirklich eine Ahnung davon aufzudämmern anfing> wie klaftertief er mit seiner Bildung und Aufklärung unter dem unverwüstlichen Idealismus stand, den der arme Hausirer ihm gegenüber bekundete, oder ob er nur anstandshalber nicht umhin konnte, die ihm angekündigte Erzählung anzuhören, das soll hier nicht entschieden werden. Er ersuchte Herrn Orlowsky um Mittheilung seiner Erlebnisse, und dieser begann:
„Ich bin aus einem kleinen, russischen, wenige Meilen von der preußischen Grenze gelegenen Dorfe, Namens Kwadan.