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verlassen, auch wenn ich nicht mchr da bin. Alle Gutthaten.. die Ihr mir aber erwiesen habt, reichen nicht an diese letzte hinan, mit der Ihr Euch einverstanden erklärt, daß ich — hoffentlich für Euch Alle — den Namen Gottes heiligen und nach meinem Hinscheiden für Euch meine Fürsprache vor den Thron des Allmächtigen niederlegen kann. Möge mein Tod eine Sühne sein für meine Sünden und für Euch Alle und möge er Euch eine Zeit erleben lassen, in der wir frei und ohne- Furcht Deinen Willen, o Gott, erfüllen können. Amen."
Mit diesen Worten erhob sich der Rabbi und verließ mit leuchtendem, verklärtem Antlitz seine schluchzende Gemeinde.
Das alles trug sich an dem Donnerstag vor dem ver- hängnißvollen Sabbat zu. Fastend und betend verbrachte die ganze Gemeinde die wenigen Tage bis zum Sabbat. Es war im Hochsommer; um 6 Uhr früh ließ der Gutsaufseher die aus dem Marktplatz versammelten Frohnarbeiter zur Arbeit nach dem GUtshofe führen. Die Gemeinde legte sich Freitag nicht nieder. Vor 4 Uhr Morgens wurde gebetet. Mit von Thränen, erstickter StimtUe trug der Chasan die Gebete vor, schluchzend begleitete ihn die Gemeinde, alle waren in Verzweiflung aufgelöst, nur Rabbi Sundel war heiter, ja geradezu fröhlich geblieben. Als er zum letztenmale zur Thora aufgerufen wurde, dankte er Gott mit so freudestrahlender Weise laut und glücklich dafür, daß Er uns auserwählt von allen Völkern uns seine Thora gegeben und damit ewiges Leben in unsere Reihen gepflanzt hat, daß der Märtyrer in seiner himmlischen Glückseligkeit thatsächlich allen wie ein überirdisches Wesen erschien.. Nach Schluß des Gebets nahm der Rabbiner im Kreise seiner Familie sein Frühstück, erklärte Noch eine schwierige Stelle des Wochenabschnitts und ging nun in seinen auserlesensten Feier-