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„Ich weiß Alles," unterbrach ihn Rabbi Sundel, „thut nur Euere Pflicht."
Graf Aschinsky hatte den ganzen Vorgang von seinem Fenster mit angeschaut. Noch bevor der Vogt die Meldung machen konnte, war Jener mit bebender Wuth hinabgeeilt. Der Vogt trat vor ihn hin mit den Worten: „Der Judenrabbiner weigert sich zu arbeiten."
„Das wagst Du, Canaille," fuhr der Wütherich den Rabbiner an, „weißt Du nicht, daß ich jede Auflehnung sofort mit dem Galgen bestrafe?"
„Ich weiß es," erwiderte mit unerschrockener Ruhe der Angeredete, „aber ich will lieber den zeitlichen Tod durch Deine Hand, als den ewigen Tod durch die Allmacht Gottes."
„Er wird gehängt und zwar sofort, schleppt ihn zum Galgen."
„Ihr braucht mich nicht zu schleppen, ich werde schon allein gehen," entgegnete Rabbi Sundel.
Festen, ruhigen Schrittes schritt Rabbi Sundel zur Richtstätte hin. Jetzt aber verlor die vor dem eisernen Gitter- thore des Schloßhofes versammelte jüdische Gemeinde die bis dahin nur schwer beobachtete Ruhe. .Die Luft füllte sich mit den jammernden Klagen der Unglücklichen beim Anblick ihres Meisters, der auch jetzt seine heitere Ruhe nicht verlor, als er sich anschickte, für sie in den Tod zu gehen.
„Wenn ich noch einen einzigen Laut von der Judenbande höre, lasse ich Euch durch Kartätschen auseinanderjagen," schrie der Wütherich über den ganzen Schloßhof hin.
Inzwischen hatte der Schloßvogt den Apparat zum Aufknüpfen in Ordnung gebracht, wozu er nicht länge Zeit brauchte, da er große Uebung in diesem seinem Lieblings-