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deshalb einberufen. Der Plan, den damals der Minister des Innern vorgelegt hatte, war dem Kaiser einleuchtend. Aber jetzt schien der Kaiser schwankend geworden. Soweit der Plan bis jetzt realisirt werden konnte, erwies er sich als unpraktisch.
Die brutalen Gewaltmaßregeln, welche der Kaiser gegen seine jüdischen Unterthanen im Schilde führte, sollten der großen Welt gegenüber wenigstens formell gerechtfertigt weiden. Es hätte sich doch selbst für Rußland zu roh ausgenommen, die religiöse Unduldsamkeit als das einzige Motiv der von höchster Stelle inaugurirten Judenverfolgung zuzugestehen. Der Kaiser, so war der Plan des Ministers, soll eine Notabeln-Ver- sammlung nach St. Petersburg berufen, an der nicht nur staatliche, sondern auch jüdische Würdenträger thiilnehmen. Auf dieser Versammlung sollen die angeblichen und wirklichen Mißstände zur Sprache kommen, welche man den Juden zur Last legte. Es solle den Juden forinell Gelegenheit geboten werden, sich gegen die Anschuldigungen zu rechtfertigen. Da sie das jedenfalls nicht im Stande sind, so soll ihnen die freie Ausübung ihrer Religion im ganzen Reiche untersagt werden.
Die Versammlung trat im Jahre 1844 in St. Petersburg zusammen. Sie wurde vom Minister des Innern eröffnet und zwar in einer Weise, die darauf berechnet war, die jüdischen Rotabeln von vornherein einzuschüchtern und ihnen allen Muth zu benehmen. Sie seien auf Befehl des Kaisers zusammengetreten, um über die Judenfrage zu berathen. Die Juden seien das Unglück der Menschheit, der Krebsschaden jedes Staatswesens. Seit Tausenden von Jahren verharren sie trotz Härte und Güte bei ihrem alten Trotz, sie bilden einen Staat im Staate, schließen sich von den übrigen Staatsgenvffen ab, sie saugen das Land aus, kurz, es scheine räthselhaft, was die