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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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Die Minister starrten einander an. Um sich diese kaiser­liche Handlungsweise zu erklären, dafür reichte auch ihre Dip­lomatie nicht aus. Der Minister des Innern, der für seine Neueste legislatorische Leistung einen hohen Orden erwartet hatte, war nicht mehr im Zweifel, daß er in Ungnade gefallen war, wenn er auch keine Ahnung von der Ursache dieser Un­gnade hatte. Da er nichts mehr zu verlieren hatte, so fand er zuerst den Muth der Beklemmung aller durch einen Stoß­seufzer Luft zu machen.

Das ist doch unerhört," sagte er in gedämpftem Ton, Schulkinder sind wir doch eigentlich nicht, die man unter Klausur ihre Strafarbeit machen läßt, um sie dann ohne ein einziges Wort der Begründung zu verbrennen."

Ohne ein einziges Wort! das ist nicht ganz korrekt, ich habe Se. Majestät ausdrücklich die Wortedummes Zeug!" murmeln hören, als HochderfÄbe den ersten Blick auf das Ela­borat warfen," bemerkte ironisch der Kriegsminifter.

Die Kollegen wußten, daß der Minister des Innern und der Kriegsminister seit Jahren nicht am besten zusammen standen, und daß beide jede Gelegenheit weidlich ausnützten, um dem anderen einen Hieb zu versetzen. Deshalb fand diese Be­merkung nicht vielen Glauben.

Der Finanzminister meinte, die Mission des Minister­raths sei nun beendet und es wäre Wohl jetzt am Platze, sich endlich nach Hause zu begeben.

Der Ministerpräsident machte dagegen geltend, daß aller­dings Se. Majestät feine Unzufriedenheit über die bisherige Leistung in nicht zu verkennender Weise ausgedrückt habe. Aber es wäre doch möglich, daß Se. Majestät noch einen anderen Entwurf von seinem Ministerium erwartet. Jedenfalls fehlen