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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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Da erhob sich zornentbrannt der Kaiser:

Glauben Sie denn, Sie treiben mit mir Ihr Spiel? Haben Sie mir nicht selber erklärt, Sie wollten in zwölf Stunden die Arbeit fertigstellen? Wäre ich nun jetzt gekommen und Sie hätten eine Prolongation dieser Frist gewünscht, so hätte ich sie ja selbstredend gewährt. Aber so scheinen Sie die ganze Zeit verpraßt zu haben. Haben Sie doch die Güte, mir wenigstens dasjenige zur Einsicht vorzulegen, was Sie bis jetzt gearbeitet haben!"

Nachdem Majestät vor zwei Stunden geruhten, unsere Schriftstücke dem Feuer zu übergeben, haben wir in Hochderer Sinne zu handeln geglaubt, wenn wir von der Fortsetzung der Arbeit absehen!"

Was sagen Sie da?" herrschte der Kaiser den Minister mit einer Donnerstimme an, daß dieser erschreckt einen Schritt zurückführ.Habe ich richtig gehört oder sind wi!r auf einer Maskerade? Ich hätte kurz vor zwölf Uhr Ihre Arbeiten ver­brannt? Sagten Sie nicht so? Wissen Sie, daß Sie für's Irrenhaus oder zur Verschickung (d. h. zur Verbannung nach Sibirien) reif sind?"

Die Panik, die bei diesen Worten unter die Minister fuhr, ist unbeschreiblich. Sie waren völlig rathkos und un­fähig die Lage der Dinge zu überschauen. Der Kaiser erklärte sich den allgemeinen ministeriellen Schrecken in seiner Weise. Er wandte sich an die beiden an der Thüre des kaiserlichen Winkes harrenden Adjutanten und befahl ihnen durch eine barsche Handbewegung näher zu treten.

Ich gebe Ihnen hiermit den gemessenen, kaiserlichen Be­fehl die sämmtlichen Mitglieder des Staatsministeriums zu verhaften. Dieselben sind von den Juden bestochen. Seit zwölf