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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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Esrog gewiß nicht ohne Absicht so frühzeitig verkauft habe, weil er sich vielleicht gar nicht bis Sukkoth in seiner gegenwärtigen Frische halte. Aber der Händler lachte seinen vorsichtigen Künden aus und versicherte ihn, er gebe ihm jeden anderen beliebigen Esrog, wenn diese Befürchtung wirklich ein- treffen sollte.

Da traten während der ersten Tage des neuen Jahres ungewöhnlich heftige Regengüsse ein, die in wenigen Tagen Hochwasser zur Folge hatten. Die Flüsse traten aus den Ufern,, so daß Bahn und Post den Verkehr einstellen mußten. Die Esrogim waren von Triest rechtzeitig abgeschickt worden, aber sie konnten wegen der allgemeinen Wassernoth nicht weiterbe­fördert werden und blieben mit den zahllosen anderen Fracht­stücken in den von dem Wasser verschonten Stationen aufge­stapelt liegen. Jom Kippur kam und ging, aber von den Es­rogim war keine Spur zu sehen und die Aussicht schwand von Stunde zu Stunde, auf Sukkoth einen Esrog zu bekommen.

Der Esroghändler, von allen e'Siten umdrängt, zuckte schwermüthig die Achseln, weil sein Geschäft, von dem er den großen Theil des Jahres lebte, wörtlich zu Wasser zu werden drohte. Er suchte noch am Ausgang von Jom Kippur Reb Jtzig auf und sagte, er hätte ihm ein gutes Geschäft vorzu­schlagen. Er kaufe den Esrog wieder zurück und zahle dafür 26, 30, 40 Gulden. Aber der arme, reiche Hausirer lächelte- und meinte: so reich seid Ihr nicht, um mir einen Esrog abzu­kaufen, und wenn Ihr mir die Schul mitsammt dem Almemor anbieten würdet, er ist nicht feil.

Als der Händler fort war, schloß Reb Jtzig vorsichtig seine ärmliche Stube ab, öffnete die-Kommode, in welche er den