350
Da leuchtete das trübe Auge des Gefragten in freudiger 'Gluth auf und er blickte mit heiterer Zuversicht in das Antlitz des Rabbi.
„Einer Sünde bin ich mir, dem Himmel fei Dank, nicht bewußt. Nicht darum handelt es sich, sondern ich bin ein armer Mann, ich habe mein ganzes Vermögen und zwar ohne mein Verschuldet verloren!"'
„Ihr habt Euer Geld verloren, sonst nichts als Euer Veld, und da wäret Ihr ein verlorener, ruinirter und unglücklicher Mann? Seid Ihr denn Euer Geld, daß Ihr verloren seid, wenn Euer Geld verloren ist? Die Liebe, die Achtung und Verehrung, die Euch die ganze Gemeinde, die Euch Jeder entgegen bringt, mit dem Ihr je in Berührung gekommen seid, gilt Euch, gilt nicht Eurem Gelde. Wohl habt Ihr Euer Geld jederzeit dazu verwendet, um arme Thoragelchrte zu unterstützen, um Hungernde zu speisen, Nackte zu kleiden und Kranke zu heilen, aber man hat trotzdem in Euch nicht Euer Geld, sondern Euch selber geschätzt und geliebt. Wer kann je diese Juwelen aus der Krone Eurer zahlreichen Verdienste brechen? Ihr seid und bleibt unsäglich reich, auch wenn Ihr im. Augenblick kein Geld mehl" habt. Mer verzeiht, damit habt Ihr ganz sicher gesündigt, daß Ihr so sprächet, wie Ihr gesprochen habt. Ihr hängt doch noch zu viel am Geld, wenn Ihr Euch ohne seinen Besitz für unglücklich und für verloren haltet. Und nun erzählt mir doch einmal alles der Reihe nach, wie es sich zugetragen hat."
Der weise Menschenkenner hatte die letzten Sätze in hartem, vorwurfsvollem Tone gesprochen und damit dem Unglücklichen wieder die Selbstachtung und die Zuversicht in sich