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„Ich wiederhole Euch, daß ich mich nicht erinnere, je ein solches Kunstwerk gesehen zu haben. Hättet Ihr mir den Ring in einigen Wochen zum Geschenk gemacht, so hätte ich ihn dankbar angenommen. Aber jetzt kann ich ihn niemals in meinem Leben annehmen; das wäre ja Ribbis. Nehmt den Ring und bringt ihn Eurer Frau mit, sie wird damit eine große Freude haben und überall gerechtes Aufsehen erregen."
Der Roschhakohol schlug sich vor den Kopf: „Ich Am Hoorez" (Unwissender), rief er aus, „wie konnte ich auch eine so naheliegende Sache übersehen! Es scheint, der Vater im Himmel will dem Rabbi feinen Lohn allein voll und ganz auszahlen, er läßt sich von unsereinem nichts hineinpfuschen. Lebt wohl, Rabbi, ohne Dank und ohne Ring."
Mit diesen Worten verließ der Roschhakohol den Rabbi, um sein Haus aufzusuchen.
Als Lehrer und Schüler wieder allein waren, ergriff der ältere der beiden das Wort:
„Wir müssen den Rabbi um Verzeihung für die Anmaßung bitten, mit welcher wir in jugendlichem Leichtsinn vorhin den Rabbi erinnern wollten, daß hier eine Verletzung des Zinsverbots vorlrege. Wir sind jetzt sicher, daß der Rabbi schon vom ersten Augenblick an nicht im Zweifel darüber war, aber wir sind in unserer Uebereilung deshalb an der Handlungsweise unseres Lehrers irre geworden, weil der Rabbi fast volle fünf Minuten seiner Freude über das kostbare Geschenk in so überschwenglicher Weise Ausdrück gab, und damit stehen wir vor einem neuen Räthfel. Wenn, worüber wir ja nicht im Zweifel sind, der Rabbi von vornherein gewußt hat, daß die Annahme des Ringes eine Verletzung der Ribbisgesetze bedeutet, warum hat der Ribbi sich so mit dem Ringe gefreut und den