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Kutscher hatte kein Pferd in dem Dorf auftreiben können und hatte Ochsen gebracht, die er mit den Pferden zusammen vor den Wagen gespannt hatte.
„Lieber Johann," sagte ich zu dem Kiltscher, „den Vorspann können wir nicht brauchen. Die Bibel verbietet uns Juden zwei verschiedene Thiergattungen zusammen zu spannen. Ihr müßt kn Gottes Namen noch einmal in's Dorf und zwei Rosse bringen. Euer Weg wird Euch aber extra vergütet."
„Thut mir Eure Wege kund, Rabbi," sagte ich zu meinem Lehrer, als der Kutscher fort war und wir wieder im Wagen saßen, „warum habt Ihr Euch so ungewöhnlich gefreut, daß Ihr vor Freude mir nicht einmal den Grund derselben sagtet?"
„Du fragst noch?" fragte in seiner Seelengröße erstaunt der Meister. Du weißt doch wie sie uns alle in Frankfurt ab- gerathen haben, heute Nacht die Reise zu Wachen, und wie ich «gegen den Willen Aller trotzdem die Reise unternahm. Und nun sieh doch, wie Gott unsere Mizwa belohnt hat! Wir hätten doch alt und grau werden, hätten noch hundert Jahre in der Frankfurter Judengasse leben können, wo wärdn wir bei den Bahnen, in welchen sich unser Leben bewegt, je dazu gekommen, dem Verbot im 5. Buch der Thora Kap. 12, V. 10 zu begegnen und der Vermeidung seiner Uebertretung ein Opfer zu bringen, wie wir es in diesem Augenblicke thun? Begreifst Du jetzt meine Freude?"
„Daß mein Lehrer seine damalige Mission glänzend erledigte, brauche ich jetzt nicht zu erzählen," fuhr Rabbi Moscheh Sofer fort. „Länger als vierzig Jahre liegt dieses Begegniß zurück und niemals war ich in der Lage es meinem Lehrer nach- zuthun bis zu dieser Stunde. Wie kommt im gewöhnlichen