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Schloß des Herzogs von Bragenza neben der großen Kathedrale und gebt den Brief womöglich selbst ab. Euern Korb laßt Ihr hier so lange bei mir stehen, Ihr werdet dort gut belohnet."
Ohne die Antwort abzuwarten half sie der schwer beladenen Greisin den Wäschekorb vom Kopfe nehmen, gab ihr dann den Brief, und diese beeilte sich, den Auftrag auszusühren. Keuchend eilte sie in den Palast und kam dort athemlos mit dem Verlangen an, einen Brief dem Herzog persönlich abzugeben. Der Hausmeister warf einen Blick auf den Brief, er trug die Schriftzüge und das Siegel des Königs. Ehrfurchtsvoll führte er das schlecht gekleidete, nicht sehr reinliche, keuchende, alte Weib in den Empfangssaal des Herzogs, der zu der ungewöhnlichen Stunde ganz leer von Besuchern war. Nach wenigen Augenblicken erschien der Herzog, ein junger Mann in den besten Jahren, von hoher Statur und blühendem Aussehen und fragte die Greisin nach ihrem Begehr.
„Ich soll diesen Brief hier abgeben, meine Belohnung für die Besorgung würde ich hier erhalten."
Der Herzog erbrach den Brief, flog hastig über die wenigen Zeilen hin und erbleichte vor Schrecken. Er warf einen Blick auf die UeberbringeriN, — diese mußte er auf Befehl des Königs heirathen? Heute noch heirathen? Sie darf das Haus nicht verlassen, bis sie meim Frau ist? Was soll das bedeuten?
Wohl wußte der Herzog, daß der König der unbeschränkte Herr über fein Geschick war, wohl hatte er auch längst mit der Möglichkeit gerechnet, daß er einmal aus dynastischen, politischen oder religiösen Rücksichten eine Ehe eingehen müsse, die vielleicht nicht vollkommen nach seinem Geschmack sein