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Ein Verlangen, an den Hof zu kommen, hatte sie nicht, sie lebte sich leicht in das neue Leben ein. Wenn ihr Gatte nach Hause kam und von den herrlichen Festen erzählte, denen er im königlichen Schlosse beigewohnt hatte, so rang sich manchmal ein Seufzer aus ihrer Brust, den der besorgte Gatte in den ersten Tagen ihres Zusammenlebens falsch deutete, bis es seiner sanstmüthigen Hingebung gelang, die Quelle zu entdecken, aus welcher dieser Schmerz floß.
Sie gestand ihm auf sein Befragen, daß bei seiner Aufmerksamkeit, Zuvorkommenheit und Liebenswürdigkeit es sie wundere, daß er ihr noch nie ein Stück Torte, Confitüren oder irgend einen andern von den Leckerbissen mitgebracht habe, welche die königliche Tafel zieren.
Seitdem besuchte er keines der Hofseste, ohne diesem Winke Zu entsprechen. Er steckte irgend etwas an der Tafel zu sich, sei es eine candirte Frucht, Consekt oder irgend etwas anderes, was der zahnlose Mund seiner Ehehälfte genießen konnte, und seitdem hatte die neue, alte Herzogin keinen unerfüllten Wunsch, der einen Schatten auf ihr herrliches Leben geworfen hätte.
Bei einer Empfangsfeierlichkeit, die etwa zehn Tage nach der Hochzeit stattgefunden, erkundigte sich der König in sehr verbindlicher Form in Gegenwart anderer Würdenträger des Landes bei dem jungen Ehemann nach seinem und der Frau Herzogin Befinden und erhielt selbstredend die Versicherung des höchsten Glückes, wie es von einem so jung Vermählten in den ersten Tagen der Flitterwochen nicht anders zu erwarten war.