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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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wenn bei einer Untersuchung diese Dinge zu Tage gekommen wären? Dadurch, daß die Frau Herzogin in Folge ihres hohen Alters keinen Zahn mehr im Munde hat, Mußte ich ihr zudem lauter weiche, leicht genießbare Dinge mitbringen; was hätte mein Tischnachbar, Sr. Eminenz der Erzbischof, für Augen gemacht, wenn seine weißen, zarten Hände in dem Mischmasch versunken wären, aus den er in meinen Taschen gestoßen sein würde?!"

Ich verstehe Dich nicht, Fernando, was Du da von einer Greisin mit zahnlosem Munde sprichst, die Frau Herzogin ist doch eine blendende, jugendliche Schönheit, die vollzählig noch alle Zähne besitzt?"

Der Herzog schwieg und wollte wehmüthig lächeln, aber es gelang ihm nicht. Eine Thräne drang gegen seinen Willen aus der Gluth der braunen Augen.

Aber um Himmelswillen sprich doch, da muß irgend ein Mißverständniß vMirgen, da ich doch meiner Sache sicher bin."

Ich habe dem bereits Gesagten nichts hinzuzufügen," erwiderte ristgnirt der Herzog.

Der König klingelte und befahl dem Kammerdiener, daß sofort di« Königliche Karosse zur Ausfahrt Vorfahren solle.

Ich selbst werde mit Dir in Deinen Palast fahren, dort muß sich die Sache aufklären."

Uber sie klärte sich schon vorher auf. Als die Karosse an den Buden der Obstverkäuferinnen vorbeifuhr, sah der König die vermeintliche Herzogin genau wie vor vier Wochen bei ihren Früchten stehen. Er ließ die Karosse halten, sprang heraus, ging direkt auf Lucias Bude zu und fuhr das zitternde Mädchen hart an:

Hast Du meinen Brief besorgt?"