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wandtschaftliche Beziehung mit einer Familie von so altem Adel gelangen könnte. Mer daran ist ja nicht zu denken, da Deine Eltern Dich verstoßen würden und von der neuen Judenfreundschaft nichts wissen wollten. Und da meine ich doch, daß uns unser Weg vorgezeichnet wäre. Werde ich Christ, so werde ich enterbt und bin von meinen und Deinen Eltern verstoßen. Heirathe ich Dich als Christin, so ist dasselbe der Fall. Wenn Du Dich aber entschließen könntest, Jüdin zu werden, so würde mein Vater in unserer Verbindung nur eine Mesalliance erblicken, die aber keine Enterbung zur Folge haben würde. Ein solches Opfer kann ich jedoch nicht von Dir verlangen, denn Jahre würden doch darüber hingehen, bis meine Eltern wieder besänftigt werden." —
„Himmel, es schlägt dreiviertel auf zwölf, ich muß Rosine aufsuchen und kann keinen Augenblick mehr verlieren, sonst wird unser Geheimniß verrathen. — Schreibe mir an die bisherige Adresse, und ich werde es auch so machen. So viel steht fest, es muß einer von uns beiden seine Religion wechseln, wir werden uns darüber noch brieflich verständigen. Leb' Wohl!"
II.
Acht Tage nach dieser Begegnung treffen wir Fräulein Christine von Wanfried in der Lernstube des greisen Rabbiners S.
„Ehrwürdiger Herr," begann Christine, „ich möchte Jüdin werden und bitte Sie mir die Bedingungen mitzu- theilen, unter welchen ich iN's Judenthum eintreten kann.
Sie hatte diese Worte mit fieberhafter Hast, aber in einem Tone gesprochen, aus dem die Gewißheit klang, daß man