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„Was einem lieb ist und theuer, drängt man anderen nicht auf. So handelt man selbst nicht bei materiellen Gütern, um wie viel mehr bei idealen. Seine schlechte Waare muß der Kaufmann anpreisen, die gute spricht durch ihren eigenen Werth und wird dem Käufer um so erstrebdnswerther, je lieber der Kaufmann sie für sich behalten möchte."
„Aber Sie glauben doch an die Wahrheit und Vortrefflichkeit Ihres Judenthums. Sie müssen demnach doch annehmen, daß dasselbe einmal Gemeingut der ganzen Menschheit werden wird, wie sollte das je möglich sein, wenn alle so handeln wollten, wie Sie jetzt mir gegenüber handeln?"
„Lächelnd erwiderte der Rabbiner: „Ich kenne einen sehr reichen, geizigen Mann, der noch nie einen nach Hilfe Suchenden mit einer Gäbe erfreute. Ein dreister Armer, welcher ebenfalls mit der sichenden Redensart: „Ich gebe prinzipiell nichts!" abgewiesen worden war, fragte darauf den Geizhals: Sie geben doch zu, daß das Geld ein Kommunikationsmittel ist, daß es lediglich den Zweck hat, den geschäftlichen Verkehr zu vermitteln und zu erleichtern, daß es diesen Zweck verfehlt, so lange es in eisernen Truhen todt daliegt, daß es ihn erst erfüllt, wenn es in lebendigem Verkehr unter den Leuten circulirt; wenn aber alle Welt mit ihrem Gelde so an sich halten wollte, wie Sie, wie würde das Geld seinen Zweck als Verkehrsmittel erfüllen, wie käme es unter die Leute? Der Geizhals schmunzelte und meinte, er wäre der glücklichste Mensch der Welt, wenn ihn keine Sorgen quälten als diese. Sie sei aber jedenfalls nicht stark genug, um ihn zu bestimmen, sein Geld unter die Leute zu werfen. Wenn aber dem Frager diese Frage keine Ruhe lasse, so könne er ihm versichern, daß schon anderweitig dafür gesorgt sei. daß das Geld in's Rollen und in die Welt käme. — Sehen