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gehalten, ihre Häuser frühzeitig zu schließen und die Lichter auszulöschen, um nicht die Aufmerksamkeit des Gesindels auf sich zu lenken.
Aron Nier's Haus war das einzige, welches in festlichem Lichtglanze in die Gaffe hineinstrahlte. Leise kamen die wilden Gesellen in's Dorf und machten unwillkürlich an dem erleuchteten Nier'schen Häuschen Halt.
Seine Insassen hätten keine Ahnung von dem, was draußen vorging, sondern sangen mit lauten, Hellen Stimmen in die Nacht hinein: Allmächtiger Gott, nun bau dein Tempel schiere!
„Halt!" rief der rothe Hannes mit verhaltener Stimme dem von ihm geführten Haufe entgegen. „Keinen Laut! wir wollen einmal hören, was sie drinnen singen!"
Leise trat er mit vier, fünf seiner Gesellen an die niederen Fenster und warf einen Blick hinein. Da saß der Hausvater und ihm zur Seite die Mutter mit ihren acht Kindern um den weiß gedeckten Tisch. Aus dem Tische lagen die wenigen Kostbarkeiten, welche die arme Familie hatte. Zwei silberne Löffel, welche sie als Hochzeitsgeschenk erhalten hatten, eine silberne Taschenuhr und eine Esrotzschale aus geschlissenem farbigen Glase. Aber mehr als diese Kleinodien leuchtete die biedere Frömmigkeit und die gottselige Festesfreude aus den Mienen jedes Theilnehmers dieser Tafelrunde, vom Vater bis zu dem Säugling, den die Mutter an die Brust schmiegte. Und die herrlichen Weisen des Festgesanges schallten so innig und rein hinaus in die Nacht, daß die wilden Gesellen von dem, was ihr Auge sah und ihr Ohr hörte, in tiefster Seele ergriffen wurden.
„Wer hätte das gedacht," sagte der lange Dietrich aus dem drei Stunden entfernten H. leise zu dem rothen Hannes,