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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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Du bist wohl toll? und wenn ich's hundertmal einver­standen wäre, glaubst Du, daß unser ganzer Hausen auch so leichten Herzens auf die Judenbeute verzichtet? Und auf den ganzen Frachtwagen, der auf uns wartet?"

Also schier und also bald in unseren Tagen schiere! ja schiere!" hallte es durch die dünnen Fensterscheiben aus der er­leuchteten Feststube, und bei jedem neuen Ton, den Ohr und Herz des Führers dieses Haufens traf, wuchs seine Bewegung, die er nicht länger bemeistern konnte.

Beim ersten verkehrten Wort, Dietrich, das aus Deinem Lästermaul kommt, schnüre ich Dir den Hals zu, das merke Dir; es giebt Sachen, bei welchen ich keinen Spaß verstehe. Hier ist die Herrlichkeit Gottes; schaue sie Dir doch einmal an, Du bekommst sie vielleicht in Deinem ganzen Leben nicht wieder so zu sehen, und jetzt: ganzes Bataillon kehrt!"

Der lange Dietrich hatte ein rasches Begriffsvermögen, er merkte den ungewöhnlichen Ernst des Führers aus jedem Worte zittern, und er sah ein, daß er nichts besseres thun konnte, als auf die Intentionen seines Herrn und Meisters einzugehen.

Er giNg vom Fenster weg und raunte dem Nächststehen- dcn in's Ohr:Die Juden haben uns behext und wir gehen alle elendliglich zu Grunde, wenn wir nicht sofort das Dorf verlassen, nun fort, so rasch als möglich und ganz mäuschen­still. Wenn die dadrinn uns hören, sind wir verloren mit Mann und Maus!"

Wie ein Blitz flog die wunderbare Botschaft durch die Reihen des abergläubischen Raubgesindels, und alle beeilten sich, so rasch als möglich aus demselben Weg zurückzukehren, auf dem sie vor wenigen Minuten gekommen waren. Am letzten verließ der rothe Hannes das erleuchtete Häuschen und brummte