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„Simon, Du bist nicht mehr derselbe, der Du Dein ganzes Leben, der Du noch vor einer halben Stunde märst, sonst könntest Du so nicht reden. Wie groß sind doch die Worte der Weisen, die ich erst kürzlich im Siinchas Hanesesch gelesen habe: „Armuth läßt den Menschen sich über seinen eigenen Sinn und über denjenigen seines Herrn und Meisters hinwegsetzen.''
Jetzt wurde Jessel heftig und mit vor Erregung und Zorn zitternder Stimme herrschte er sein Weib an:
„Die Weisheit der Frauen geht nicht über ihren Spinnrocken hinaus, haben auch unsere Weisen gesagt, und wie Recht haben sie damit! Wie bist Du eine Undankbare und erschwerst uns durch Deine Redensarten noch die wahrlich ohnedies schwere Last des Lebens. Statt mich mit offenen Armen zu empfangen und mir zu danken, drohst Du mir mit Denun- ciationen! Für wen habe ich denn gethan, was ich gethan habe? Für mich wahrlich nicht! Für Dich und unsere armen Kinder habe ich es gethan und nun kommst Du mit Deiner
Rechthaberei und Zanksucht-"
„Lieber Simon, wir sind jetzt zu gutem zehn Jahre ver- heirathet, haben wir in dieser Zeit je ein hartes Wort mit einander gewechselt? Wir haben trübe Tage, schwere Zeiten, harte Sorgen gemeinsam mit einander getragen, war jemand von uns Beiden rechthaberisch oder zänkisch? Jetzt aber hast Du mit dem Unrechten Gute den Streit in unser friedliches Heim getragen, Du polterst so taut, daß die Kleinen aufgewacht sind und nennst mich eine zanksüchtige Undankbare? Siehst Du noch nicht, welches Unglück Du in unser Haus gebracht hast? Simon, gieb das Geld zurück! Gott hat so viele Wege uns zu Helsen, warum sollen wir den des Verbrechens Einschlägen?"