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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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Zu der armen, in Thränen gebadeten Frau aber sagte der Beamte in theilnehmendem Tone:

Sie brauchen die Sache nicht so ernst zu nehmen; Ihr Mann kann nur in Untersuchungshaft kommen, das ist so schkimm nicht. Wenn er wirklich unschuldig ist, so muß sich seine Unschuld bald Herausstellen, und er ist frei; im andern Falle freilich kann es ihm schlimm ergehen, aber wir wollen das Beste hoffen."

Der Jessel ist so unschuldig wie ich selber," polterte der Postillon dazwischen,warum steckt man denn mich nicht ein, sondern den armen, ehrlichen Mann, der das eine Paquet, das er gefunden hatte, mir sofort eingehändigt hat? Wenn das unser Kaiser müßt', was die da in seinem Namen thun, es ist eine wahre-"

Noch ein Wort, und Ihr seid ebenfalls verhaftet," fuhren ihn beide Polizisten an,und jetzt marsch!" .

Ist es mir wenigstens erlaubt, mich von meiner Frau zu verabschieden?" fragte Jessel.

Das könnt Ihr, aber es muß rasch gehen, man erwartet uns ungeduldig; denn wir sind jetzt schon bald zwei Stunden hier. Also macht's kurz."

Da fiel Jessel seinem schluchzenden Weibe um den Hals und flüsterte ihr leise in's Oohr:

Ich danke Dir, daß Du mich wieder zur Besinnung ge­bracht und auf den rechten Weg zuriickgesührt hast. Denke uach, wie Du das Geld der Post zurückgeben kannst, ohne uns noch mehr zu schädigen, und wenn Dir kein Weg einfällt, er­zähle alles dem Rabbiner und frage ihn um seinen Rath."

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