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Mehr konnte Jeffel seinem verlassenen Weibe nicht sagen. Die beiden Polizisten nahmen ihn in die Mitte, der Postdirektor mit dem Postillon folgten und so schritten sie durch die Juden- gasse dem A'mtgefängniß zu.
II.
In der ganzen Judengasse, welche der Vorgang in ungewöhnliche Aufregung versetzt hatte, gab es von Groß bis Klein keinen Menschen, der Jeffel für schuldig hielt. Man glaubte vielmehr, daß er ein Opfer seiner Ehrlichkeit geworden sei, daß diese unschuldiger Weise den Verdacht auf den redlichen, fleißigen Mann gelenkt habe, so daß das Mitleid mit der unglücklichen Familie ein allgemeines war. Alles suchte die gedrückte Frau auf, und nun gewahrte man erst die bittere Noth, in welcher die Aermsten lebten. Diese war nun bald beseitigt, der eine trug Holz herbei, ein zweiter Nahrungsmittel, ein dritter Geld, und als der Abend kam, strahlten die Chanukalichter aus der armseligen Hütte so heiter in die Nacht hinein, wie aus dem Hause des reichsten Mannes der Gemeinde. Alle überbvten sich in Aufmerksamkeiten und Zerstreuungen jeder Art, um die Unglücklichen ihre Lage vergessen zu lassen; was auch der vereinten Liebe der theilnehmenden Genossen scheinbar gelang. Erst spät am Abend hatten die Besucher das ärmliche Häuschen verlassen; Frau Rahel Jeffel war seit den erschütternden Vorgängen von heute Morgen zum ersten Male allein. Zum ersten Male fand sie Zeit und Ruhe, die Erlebnisse des heutigen Tages zu durchdenken, aber es schien ihr unmöglich, Ordnung in diesen Wirrwar von Ereignissen zu bringen, die auf sie heute eingestllrmt waren.