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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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Ich bin Euch," begann der leutselige Herr,noch eine Erwiderung Eueres Besuches schuldig. Jedoch so viel, wie Ihr mir brachtet, bringe ich Euch nicht mit. Aber die fünfhundert Gulden bringe ich Euch, die ich vor einer Stunde erhalten habe. Und die von Gott und Rechtswegen Niemand anders als Euch gehören."

Ehrwürdiger Herr," entgegnete der Rabbiner,dieser herrliche Zug setzt Hochdero Edelmuth die Krone auf; aber wie ich bereits sagte, ich darf das GÄd mW behalten. Simon," sagte der Rabbiner zu Jeffel gewendet,darf ein Jude Finder­lohn annehmen?"

Doch bevor Jeffel, der nun die ganze Situation erfaßt hatte, antworten konnte, fragte der Domherr:

Ah, das ist Wohl der arme, unglückliche Mann, der fälschlicher Weise so lange verdächtigt war?"

Und als der Rabbiner zustimmend antwortete, meinte der geistliche Herr:

Ich mache Euch einen Vorschlag. Ihr wollt die 600 Gülden nicht, und ich habe mir vorgenommen, sie nicht zu be­halten. Wie wäre es, wenn wir sie als Schmerzensgeld dem so lange unschuldig Eingekerkerten gäben? Er kann sich mit dem Kapital ein ehrbares Geschäft gründen, kann den Hausier­handel aufgeben und so dem Unglück, das über ihn so unver­schuldet hereingebrochen ist, noch eine Lichtseite abgewinnen. Ich lese, Herr Rabbiner, aus Euren zustiminenden Blicken Euer Ei'nverständniß; da habt Ihr das Geld, Jeffel, möge es Euch Glück und Segen bringen!"

Bei diesen Worten ergriff der Domherr, um jede Ent­gegnung abzuschneiden, rasch Stock und Hut und verabschiedete sich. -