Teil eines Werkes 
Grad-Abtheilung 29, Blatt 60 [Neue Nr. 2957] (1901) Bernstein : geologische Karte / geognostisch und agronomisch bearb. durch R. Michael 1899
Entstehung
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& Oberflächenformen und geologischer Bau des weiteren Gebietes.

müssen einige Bemerkungen allgemeinerer Natur vorausgeschickt werden.)

Die Entstehung der Oberfläche des Blattes Bernstein fällt,

wie die des ganzen nördlichen Deutschlands überhaupt, in eine, geologisch gesprochen, sehr junge Zeit der Erdgeschichte, nämlich in die Diluvialzeit, die der geologischen Jetztzeit un­mittelbar vorausging.

Es ist jetzt allgemein anerkannte Thatsache, dass in jener Epoche das gesammte Norddeutschland unter einer mächtigen Decke von Eismassen begraben lag, die ihren Ursprung im Norden Europas hatten und sich südwärts bis an den Rand der deutschen Mittelgebirge erstreckten. Es ist ferner nachgewiesen, dass jenes Inlandeis nicht ununterbrochen während dieses ganzen Zeitraumes den Boden bedeckte, dass es nicht nur auf kurze Strecken osecillirte, sondern auch im Grossen zurückwich und wiederum Vorstösse machte. Wir kennen eine zweimalige Inlandeisbedeckung, vermuthen eine dritte und wissen,. dass diese zwei oder dreiEiszeiten durch grosse dazwischen­liegende Zeiträume ohne Eisbedeckung, sogenannte Interglacial­zeiten, getrennt waren. Dem letzten Inlandeise verdanken die Schichten des Blattes Bernstein ihre Entstehung.

Wie bei den heutigen Gletschern befand sich auch unter

dem Inlandeise ein zäher Gesteinsbrei, der aber, der gewaltigen ı

Stärke des Eises entsprechend, sehr viel mächtiger war, die sogenannte Grundmoräne. Dieselbe ist ein Zermalmungsproduet aller der Erdschichten, die vor dem Herannahen des Eises die Oberfläche des Bodens bildeten und von ihm überdeckt, zerstört und an der Basis mit fortgeschleppt wurden. Wegen der vielen aus fremden Gegenden stammenden mit hergeschobenen Gesteine und wegen des hohen Kalkgehaltes, welcher den zerstörten kalkreichen Schichten entstammt, heisst die Grundmoräne auch Geschiebemergel. Jeder Eisbedeckung entspricht also ein Geschiebemergel; in der weiteren Umgebung unseres Gebietes sind im Allgemeinen deren zwei zu unterscheiden, ein Unterer

') Vergl. auch F. Wahnschaffe, Die Ursachen der Oberflächen­gestaltung der norddeutschen Flachlande. 2. Auflage. Stuttgart 1901,