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Band 1 Heft 2
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W. MÄDLOW: Der ehemalige Berliner Rieselfeldgürtel

und Jahrzehnten stieg die Zahl der Rieselfelder schnell an, und um 1920 wurde mit etwa 11.000 ha berieselter Fläche ein Höchststand erreicht.

Die weiter schnell ansteigenden Abwassermengen führten bald zu einer starken Überlastung der Rieselfelder, und 1928 beschloß der Berliner Magistrat, die Abwasserreinigung auf biologische Klärwerke umzustellen. Die ersten Klärwerke wurde 1931 bei Stahnsdorf und 1935 bei Waß­mannsdorf in Betrieb genommen. Nach dem Zweiten Weltkrieg führten die weiter steigenden Abwassermengen zu einer verstärkten Nutzung der Rieselfelder, wo die verrieselte Wassermenge in den 60er Jahren Rekordhöhe erreichte. In der Folgezeit wurden nach und nach Klärwerke in Betrieb genommen und Rieselfelder stillgelegt. Mit Inbetriebnahme des Klärwerkes Ruhleben 1963 wurde die Berieselung auf den Gatower Flächen auf ein Minimum reduziert. Es folgten ab Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre die Klärwerke Nordost(Wartenberger, Falkenberger und Hellersdorfer Rieselfelder), Ost(Münchehofer und Rüdersdorfer Rieselfelder), Nord (Blankenfelder und Hobrechtsfelder Rieselfelder). und Marienfelde (Marienfelder Rieselfelder). Die Flächen wurden in Ackerland umgewandelt, überbaut oder aufgeforstet. Anfang der 90er Jahre war nur noch das Wansdorfer Rieselfeld in Betrieb. Die Gatower, Teltower, Königs Wusterhause­ner und Falkenberger Rieselfelder sind erhalten, werden aber kaum noch berieselt.

3. Geschichte der ornithologischen Erforschung

Die ersten Hinweise auf die ornithologische Bedeutung der Rieselfelder gehen auf HELFER(1914, 1915) zurück, der an verschiedenen Anlagen ein reiches Vogelleben entdeckte und auch schon eine Liste mit 68 Vogelarten veröffentlichte. Leider sind seine Angaben wenig konkret und vor allem meist ohne Ortsbezug: Sie stammen nicht nur von den Berliner Rieselfeldern, sondern auch von Kläranlagen in anderen Teilen der Mark Brandenburg. So lassen sich beispielsweise auch die von ihm häufig auf Rieselfeldern festgestellten Birkhühner räumlich nicht genau einordnen. Helfer ging es vor allem um die Anlage von Vogelschutzgehölzen zwischen den Klärbecken, um insektenfres­sende Singvögel anzulocken.

Somit ist der bekannte märkische Ornithologe Max Garling(1878-1949) als eigentlicher Pionier der Vogelbeobachtung auf den Rieselfeldern anzusehen. Nach einigen eher allgemein gehaltenen kurzen und längeren Mitteilungen(GARLING 1929, 1932, 1938) führte er 1938 auf dem Hellers­dorfer Rieselfeld eine Siedlungsdichteuntersuchung durch, die wertvolle. Vergleichsdaten enthält (GARLING 1940). Die gleiche Fläche untersuchte er 1946 noch einmal, um die kriegsbedingten Veränderungen festzustellen(posthum veröffentlicht: GARLING 1960). Garling war besonders an brutbiologischen Fragestellungen interessiert. Erstaunlicherweise erwähnt er nur in seiner letzten Arbeit(1960) in einem Nachsatz das Vorkommen von Enten und Limikolen als Durchzügler, aber auch dort wird deren Vorkommen offenbar als sporadisch und unbedeutend eingeschätzt. Es ist schwer vorstellbar, daß einem gründlichen Beobachter wie Garling so große Rastansammlungen, wie sie in der Nachkriegszeit festgestellt wurden, entgangen sein sollen. Möglicherweise waren die von ihm untersuchten Flächen damals tatsächlich als Limikolenrastgebiete. weniger geeignet. Daß aber auch vor dem Krieg schon Limikolen auf Rieselfeldern gerastet haben, ist durch die Mittei­lung von KRÖSCHE(1935) belegt, der 1933/34 auf den Waßmannsdorfer Rieselfeldern mehrfach Limikolen beobachtete, darunter 8 Sichelstrandläufer am 29. 07. 34.

Aus der Nachkriegszeit stammt die erste Mitteilung über die Rieselfelder von JASCHIN(1955), der auf den Blankenfelder Rieselfeldern Limikolen beobachtete. Leider sind seine Beobachtungen teilweise unglaubwürdig, sie sind zurecht in späteren Arbeiten nicht mehr berücksichtigt worden.

In den 50er Jahren begann die intensive Beobachtungstätigkeit von Achim Bruch, Hartmut und Winfried Dittberner und Martin Löschau, die in den nächsten Jahrzehnten immer wieder wertvolle Beiträge zur Kenntnis der Rieselfelder lieferten. Bald fand eine größere Anzahl von Ornithologen Interesse an den Rieselfeldern, und Ende der 60er Jahre erschienen umfassende Lokalavifaunen von zwei bedeutenden Flächen: Blankenfelder Rieselfeld(GÜNTHER& STREIFFELER 1968) und