Heft 
Band 2 Heft 1
Seite
5
Einzelbild herunterladen

Qtis, Berlin 2(1994) 1, S.5-13 N

Eine kritische Betrachtung von Beobachtungen seltener Vogelarten aus Brandenburg

Von HARTMUT HAUPT , Beeskow , und WOLFGANG MÄDLOW, Schwedt/0 .

1. Einleitung

In der"Vogelwelt Brandenburgs"(RUTSCHKE 1987) werden einige Beobachtungen von selbst im gesamten deutschen Raum extrem seltenen Vogelarten aufgeführt, die uns, auch im Rahmen der Vorbereitungen zu einer Neuauflage, Anlaß zu einer genaueren Betrachtung sind. Unser Ziel ist es, neben der neuen Wertung einiger Nachweise eine Vorgehensweise bei der Behandlung von älteren Beobachtungen seltener Vogelarten vorzuschlagen.

Beobachtungen von Seltenheiten haben oft nur einen eingeschränkten wissenschaftlichen Wert. Immerhin können solche Nachweise aber für verschiedene Aspekte(z.B. Arealverände­rungen, Ausbreitungen, Neuansiedlungen, Orientierungsforschung) einige Bedeutung erlangen (BARTHEL& BEZZEL 1990). Sie dürfen deshalb in der Fachliteratur nur dann verbreitet werden, wenn die richtige Bestimmung des Vogels einwandfrei belegt ist. Für Deutschland werden Sel­tenheiten-Nachweise von der Deutschen Seltenheitenkommission gesammelt und nach einem in­ternationalen Standard gewertet(DEUTSCHE SELTENHEITENKOMMISSION 1993).

Besondere Schwierigkeiten bereitet die Einordnung älterer Beobachtungen. Nicht in allen Fällen liegen veröffentlichte Beschreibungen vor, die eine Beobachtung mit ausreichender Si­cherheit belegen. Vielfach sind die Beschreibungen ungenügend oder fehlen ganz. In diesen letz­ten Fällen entziehen sich die Meldungen einer fachlichen Beurteilung.

Beurteilungen von Feststellungen seltener Vogelarten können ausschließlich anhand von genauen Beobachtungsprotokollen vorgenommen werden. Dazu zwei Beispiele: 1979 hielt sich bei Sonneberg (Thüringen ) ein Vogel auf, der von zahlreichen Beobachtern als Blaumerle(Mon­ticola solitarius) bestimmt wurde. Als solche ging er mit Belegfoto in die Fachliteratur und später auch in die Avifauna Thüringens ein. Eine spätere Prüfung des Fotos ergab, daß es sich um einen Glanzstar(Lamprotornis spec.) handelte(KÖNIGSTEDT& MÜLLER 1988). Am Schwei­ zer Bodenseeufer wurde eine 1982 überwinternde Drossel als Naumanndrossel(Turdus naumanni) bestimmt und nach einer Bestätigung des Belegfotos durch einen auswärtigen Gut­achter als Erstnachweis für die Schweiz anerkannt. Eine spätere genaue Überprüfung von Beschreibungen und Fotos zeigte, daß es sich eindeutig um eine aberrante Amsel(Turdus merula) handelte(SUTER 1989). In beiden Fällen handelte es sich um eigentlich einfach zu bestimmende(bei der Blaumerle für unverwechselbar gehaltene) Vogelarten, die von vielen Be­obachtern, darunter auch erfahrenen Fachleuten,"bestätigt" wurden. Weitere Beispiele für klassische Fehlbestimmungen und Hinweise zur Handhabung von Seltenheiten-Beobachtungen sind z.B. bei KÖNIGSTEDT& ROBEL(1985a) nachzulesen.

Im folgenden werden beispielhaft einige Meldungen aus Brandenburg behandelt. Wir haben dabei nur Meldungen ausgewählt, die entweder sehr seltene oder leicht verwechselbare