Heft 
Band 4 Heft 1/2
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OTIS 4(1996) 1/2: 78-143 99

zum einen um die Entwicklung eines Brutbestandes, der sich in absehbarer Zeit seiner Kapazitätsgrenze nähert, zum anderen um den Einfluß sich rasant verändernder Umweltbedingungen in der Region(forcierte Flächenbebauung, intensivierte Freizeitnutzung, zunehmende Zerschneidungs- und Störwirkungen, privater Flugbetrieb usw.).

Die boden- und satellitentelemetrische Verfolgung eines jungen Seeadlers aus der Uckermark hat viele neue Aspekte zur Biologie der Art beleuchtet und für überraschende Erkenntnisse gesorgt. Gleichzeitig hat sie neue Fragen aufgeworfen. Aussagen über Wanderungen, jahreszeitliche Aufenthaltsräume und deren Ausdehnung sind weiterhin kaum vorhanden. Bei Kombination von Satelliten- und Bodentelemetrie sowie direkter Beobachtung können darüberhinaus Erkenntnisse über Verhalten, Ernährung, Ökologie usw. gewonnen werden. Diese sind für den Adlerschutz, vor allem in der Jugendphase der Vögel, von großer praktischer und theoretischer Bedeutung, da in dieser Zeit die Mortalität am größten ist. In Ergänzung zur Beringung bietet die Telemetrie den großen Vorteil, durch eine Vielzahl von Lokalisationen zu einer Abfolge von genauen Informationen über einzelne Individuen zu kommen. Aus diesen Gründen ist die Durchführung weiterer radiotelemetrischer Untersuchungen in Erwägung zu ziehen.

Die langjährigen Untersuchungen zu den Verlustursachen sind fortzusetzen. Hierzu zählen sowohl die biologischen und veterinärpathologischen Untersuchungen an verendeten Vögeln (Todesursachenforschung, Pathomorphologie, Mikrobiologie, Parasitologie usw.) als auch die Untersuchung verletzt oder erkrankt in Gefangenschaft geratener Seeadler. Wichtig ist die möglichst vollständige Erfassung verendeter oder erkrankter Seeadler, um Veränderungen im Morbiditäts- und Mortalitätsgeschehen schnell erkennen und darauf reagieren zu können (Handlungsbedarf wird z. B. durch das immer wieder auftauchende Leber-Gallen-Syndrom aufgezeigt). Auch Totfunde von Adlern, die zur Präparation und Zurschaustellung an ausgewählten Stellen zugelassen werden, sind vorher zu untersuchen und in den festgelegten Instituten zu obduzieren. Als Auffang- und Koordinationsstelle fungiert im Auftrag des Landesumweltamtes die Naturschutzstation Woblitz, die gleichermaßen mit der Bergung der Tierkörper, der Recherche aller Fundumstände und der Organisation der nachfolgenden wissenschaftlichen Verwertung betraut ist. Seitdem das Zoologische Institut der Universität Halle in diesem Punkt nicht mehr als Partner zur Verfügung steht, haben sich das ILAT Berlin und das IZW Berlin bestens bewährt. Die Kooperation mit einer Institution zur Bearbeitung toxikologischer Fragen ist im Aufbau. Die systematische Untersuchung von Schadstoffbelastungen wird in die Gesamtuntersuchung verendeter Adler Eingang finden. Ebenso sind verlassene Gelege, die durch die Horstbetreuer in Absprachemit dem Landesumweltamt geborgen werden, und gefundene Eischalen stets zu untersuchen.

3.4.5. Monitoring

Im Zentrum eines Monitorings, d. h. der langjährigen Überwachung der Situation des Seeadlers, steht die systematische Kontrolle von Siedlungsdichte, Reproduktion, Verlustgeschehen, Störgrößen und Schadstoffbelastung. Hierbei ist die enge Zusammenarbeit von Horstbetreuern, Revierförstern, wissenschaftlichen Einrichtungen und dem Landesumweltamt die beste Garantie für den Erfolg. Dabei muß das Betreuungssystem ebenso wie alle Maßnahmen des Horstschutzes - vor allem unter den Bedingungen sich ändernder Besitzverhältnisse und Nutzungsarten ­ständig auf seine Wirksamkeit und Effizienz geprüft werden. Die Grundlagen des Betreuungssystems wurden auf ostdeutschem Gebiet in den sechziger Jahren durch den