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Band 4 Heft 1/2
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102 LANGGEMACH, T.& P. SÖMMER: Situation und Schutz der Adlerarten

Fraglich sind generell sporadische Brutverdachtsangaben, da die Art nicht zum plötzlichen Auftreten in neuen Gebieten neigt, sondern in ihren Revieren eher langfristig stabil ist. Neuansiedlungen sind nicht auszuschließen, sollten sich aber in den Folgejahren normalerweise sicher bestätigen lassen. Aktuelle satellitentelemetrische Untersuchungen zeigen, daß Brutpaare auch vorgetäuscht werden können, indem Vögel nach Brutverlust ihr Revier verlassen und sich längere Zeit an völlig anderen Orten aufhalten. Ebenso können Nichtbrüter in suboptimalen Biotopen ohne Brutvorkommen der Art übersommern(DANKO et al. 1996, MEYBURG mdl.). Möglicherweise waren es solche, die 1983-85 bei Cottbus beobachtet wurden(ROBEL 1996). Brutzeitbeobachtungen, die es aus vielen Teilen des Landes gibt, ebenso wie weit außerhalb der bekannten Verbreitungsgrenzen(s. z.B. BEHN 1992), sollten also nicht leichtfertig und automatisch zur Äußerung von Brutverdacht führen. Unkritische Betrachtung birgt die Gefahr in sich, daß der Bestand für das Land überschätzt wird. Aufgrund der vielen Unklarheiten erscheinen eine kartografische Darstellung der Brutverbreitung sowie eine grafische Darstellung der Bestandsentwicklung nicht sinnvoll.

Die Siedlungsdichte im nordostdeutschen Verbreitungsgebiet beträgt etwa 0,74 BP/100 km®. Sie ist in Mecklenburg- Vorpommern mit 1,2 BP/100 km?(auf 7480 km?) beträchtlich höher als in Brandenburg mit 0,23 BP/100 km?(auf 7420 km? Teilfläche) und erreicht in Mecklenburg­Vorpommern auf Kreisebene Maxima von 2,5 BP/100 km?(SCHELLER& MEYBURG 1995). Auch kleinräumig gibt es heute- selbst in den Zentren des brandenburgischen Schreiadlerbestandes- keine so hohen Siedlungsdichten mehr wie zur Zeit WENDLANDS. In zwei brandenburgischen Waldgebieten z.B., wo WENDLAND in den dreißiger und fünfziger Jahren noch 10-11 bzw. 7 Brutpaare vorfand, gibt es heute nur noch 1-2 sowie 2-3 Paare (MEYBURG 1991 u. mdl.). Abstände zwischen besetzten Horsten von 750 m(WENDLAND 1934) sind heute die Ausnahme.

Zur Reproduktion gibt es für unser Gebiet nur relativ wenige veröffentlichte Angaben(Tab. 2). Im Durchschnitt sind- ebenso wie in anderen Regionen Mitteleuropas - etwa zwei Drittel der Brutpaare erfolgreich. Die Unterschiede von J ahr zu Jahr können dabei beträchtlich sein; sie scheinen in erster Linie witterungsbedingt zu sein.

Tab. 2: Fortpflanzungsziffer beim Schreiadler, Flächen außerhalb Brandenburg zum Vergleich(n= Anzahl untersuchter Bruten)

Brandenburg 1929-31 0,66(n= 12)(WENDLAND 1932) Uckermark 1965-72 0,73(n= 40)(FREYMANN in GENTZ 1975) Brandenburg 1970-72 0,52(n= 36)(GENTZ 1975)

Brandenburg 1992-95 0,65(n= 74)(RYSLAVY 1993/94/95/97)

Bezirk Rostock 1971-90 0,69(n=268)(NEUBAUER 1991) Hakel 1979-90 0,46(n= 24)(STUBBE et al. 1991) Krs. Teterow 1990-96 0,49(n=118)(ROHDE unveröff.) Polen 1988-91 0,56...(n=376)(RODZIEWICZ 1996)