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Band 4 Heft 1/2
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110 LANGGEMACH, T.& P. SÖMMER: Situation und Schutz der Adlerarten

dürfte es sich bei dem Verkehrsopfer um einen Ausnahmefall gehandelt haben.

Die potentiellen Gefahren für mitteleuropäische, mithin auch brandenburgische Individuen verdeutlicht die Auswertung von 41 Wiederfunden von insgesamt 1649 in Europa , auf dem Zugweg und im Winterquartier beringten Schreiadlern(DANKO et al. 1996): insgesamt dominieren Abschüsse, überwiegend auf dem Zugweg; Tod durch Stromleitungen, Straßenverkehr und Krankheit taucht nur vereinzelt auf. Über die Mortalitätsrate lassen sich anhand des bisher auswertbaren Materials keine Aussagen erbringen. Als sicher kann wohl gelten, daß der Zugweg den größten Anteil an Opfern fordert. Die Gefahr ist besonders groß durch intensive menschliche Nachstellung. Eine Art wie der Schreiadler, der als klassischerStratege auf Kontinuität und Stabilität der Verhältnisse setzt und jährlich nur einen einzigen Nachkommen hervorbringt, dürfte dies nur schwer ausgleichen können.

Gefährdungen durch Umweltgifte sind bisher kaum publiziert worden. Den Verlust eines Schreiadlers durch die akute Wirkung chlorathaltiger Herbizide beschreibt RUTHENBERG (1965). Die chronische Belastung der Art mit chlorierten Kohlenwasserstoffen scheint eher gering(WEBER 1994). Auch MATTHES& NEUBAUER(1987) messen diesen Substanzen kaum eine Bedeutung bei, zumal sie in den unmittelbaren Brutgebieten kaum zur Anwendung gekommen sind(abgesehen von der chemischen Entkrautung der Vorfluter). Ein verendeter Altvogel, der durch die Naturschutzstation Woblitz der Untersuchung zugeführt wurde, hatte nur geringe Gehalte an Chlororganika und Schwermetallen in den Geweben. Über die Zeit des Zuges und der Überwinterung kann nur gemutmaßt werden. Eine gewisse regionale: Exposition gegenüber Pestiziden ist nicht auszuschließen, es fehlen jedoch Hinweise darauf, daß dies beim Schreiadler eine nennenswerte Rolle spielt. Auch aus den Reproduktionszahlen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür.

4.4. Schutzkonzeption und Monitoring

Wenngleich sich innerhalb der Grenzen der Europäischen Union nur ein kleiner Teil der Schreiadlerpopulation befindet, ist ein Aktionsplan zum Schutz von Schrei- und Schelladler auf der Basis der EG-Vogelschutzrichtlinie in Auftrag gegeben und seit kurzem in Arbeit. Federführend ist die Weltarbeitsgruppe für Greifvögel und Eulen.

Speziell auf die Situation und Gefährdung der Art in Brandenburg orientiert, ist die siebente von 24 Resolutionen der 4. Weltkonferenz für Greifvögel und Eulen(Berlin 1992) dem Schutz des Schreiadlers in diesem Land gewidmet:|

"Feststellend, daß der Schreiadler Aquila pomarina die seltenste und bedrohteste der in Deutschland regelmäßig brütenden Adlerarten ist, die während der letzten Jahrzehnte bereits aus weiten Gebieten als Brutvogel verschwunden ist, und mit Rücksicht darauf, daß das gegenwärtige Verbreitungsgebiet innerhalb Brandenburgs auf einen kleinen Teil dieses Bundeslandes im Nordosten beschränkt ist, welches zugleich die südliche und westliche Verbreitungsgrenze darstellt, beglückwünscht die Weltkonferenz die Regierung dieses neuen Bundeslandes dazu, das größte Biosphärenreservat in Deutschland geschaffen zu haben, welches zugleich ein wichtiges Brutgebiet für diese Art darstellt, und empfiehlt der Regierung Brandenburgs , den zuständigen Bundesbehörden sowie den Naturschutzorganisationen, ein Projekt zum Schutze und zur Erforschung der gegenwärtigen Population des Schreiadlers, das demnächst initiiert werden wird, zu unterstützen."