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Band 7 Heft 1/2
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64 KABUS, A.: Zwerammer(Emberiza pusilla) am Rietzer See- ein Irrgast?

Haben die plötzlichen intensiven Niederschläge sie zu einer Zwischenrast im Beobachtungsgebiet gezwungen?

Das würde bedeuten, daß sie zielgerichtet ziehend in unsere Region gelangt ist. Einen weiteren Hinweis auf aktives Zugverhalten liefert die angetroffene ausgeprägte Fettdeposition. Das Depotfett spielt alsnergieträger für wandernde Vögel eine dominierende Rolle(BERTHOLD 1990).

So liegt der Schluß nahe, daß die skizzierte Konstellation aus Großwetterlage und lokalem Wettergesche­hen den Fang einer durchziehenden Zwergammer begünstigt oder gar erst ermöglicht hat.

4. Zwischenartliche Abgrenzungsprobleme

Nachweise dieser in Mitteleuropa seltenen, aber inzwischen regelmäßigen Ausnahmeerscheinung werden heutzutage nur noch anerkannt, wenn sie ausreichend belegt und von einer Seltenheitenkommission bestä­tigt sind(DEUTSCHE SELTENHEITENKOMMISSION 1993). Der hier beschriebene Fang ist der Kommission mit ausführlicher Dokumentation eingereicht worden.

Die sichere Bestimmung von Zwergammern, vor allem von Vögeln im Jugend- bzw. Ruhekleid, ist bis heute nicht unproblematisch. Die entscheidenden Kennzeichen zur Abgrenzung von der Rohrammer(Em­beriza schoeniclus) wurden erst in den 70er Jahren durch SVENSSON(1975) und WALLACE(1976) sowie später durch MALLING OLSEN(1989) erarbeitet und publiziert. Sie sollen an dieser Stelle nicht näher erörtert werden. Es ist ein bleibendes Verdienst von KÖNIGSTEDT& ROBEL, im deutschsprachi­gen Schrifttum durch Literaturrezensionen auf diese wichtigen Originalarbeiten aus skandinavischer bzw. britischer Quelle hingewiesen zu haben(s. Falke 29(1982) 175, Falke 38(1991) 127). Außerdem disku­tierten KÖNIGSTEDT und Mitverfasser in eigenen Studien erstmals im deutschsprachigen Raum ausführ­lich die Gesamtproblematik der Zwergammernbestimmung. Anhand diverser Untersuchungen konnten neben Bekanntem die zwei hellen Flügelbinden sowie das arttypische Flügeldiagramm alsneue Be­stimmungsmerkmale herausgearbeitet werden(KÖNIG-STEDT& ROBEL 1985, 1987; KÖNIGSTEDT & MÜLLER 1988). Inzwischen machen auch die gängigen Feldführer detaillierte Angaben(z.B. HARRIS et al. 1991, SVENSSON et al. 1999).

5. Diskussion des Fangs unter räumlichen Gesichtspunkten 5.1. Räumliche Aspekte

In der ostdeutschen Avifauna wird die Zwergammer gemeinhin als Irrgast(MAKATSCH 1981, HEYER in KNORRE et al. 1986, MÜLLER in KLAFS& STÜBS 1987, STEFFENS 1998) oder zumindest als unregelmäßiger Gast(RUTSCHKE 1987) bezeichnet. So dürften- unter Berücksichtigung einer Reihe von nachträglichen Streichungen(zumeist wegen unvollständiger oder nicht zweifelsfreier Beschreibun­gen)- derzeit nur 9 Feststellungen für Ostdeutschland als gesicherte Beobachtungen gelten(NEUBAUER 1964, KLINKE 1973, BEICHE& LUGE 1974, SCHWARZE 1975, Eck nach Bährmann in FREIDANK & PLATH 1982, WEISE 1991, Nehls u.a. in MÜLLER 1991, Teich u.a. in DSK 1994, Grothmann u.a. in DSK 1997). Von diesen betreffen vier Vögel Fänge durch Beringer; zwei Zwergammern wurden erlegt und sind als Präparate vorhanden(Universität Rostock bzw. Museum für Tierkunde Dresden); und nur drei weitere stellen Sichtnachweise dar. Zwei Drittel der in den Übersichten bei GRIMM& KOLBE (1980), MAKATSCH (1981) sowie KOLBE& GRIMM(1988) für die damalige DDR bis 1988 zusam­mengetragenen 14 Nachweise werden aus heutiger Sicht nicht mehr anerkannt. Allerdings weisen GLUTZ v. BLOTZHEIM& BAUER(1997) ausdrücklich darauf hin, daßnicht alle unvollkommen beschriebenen Zwergammern falsch bestimmt sein müssen undmit möglichen Ausnahmen wohl gleichfalls korrekt angesprochen wurden.

Feldornithologische Feststellungen der Zwergammer gibt es in Ostdeutschland interessanterweise Seit Mitte der 80er Jahre nicht. Sämtliche neueren Nachweise betreffen ausschließlich Vögel, die von Berin­gern gefangen und in der Hand identifiziert wurden. Bis einschließlich 1998 wurden im Arbeitsgebiet der Vogelwarte Hiddensee insgesamt 7 Vögel als Zwergammern bestimmt und beringt(KÖPPEN& SCHEIL i. Dr.). Leider sind von diesen nur die folgenden 4 Vögel zitierfähig: 19.04.88 bei Borthen ,