Heft 
Band 9
Seite
74
Einzelbild herunterladen

74 DEUTSCHMANN, H.

Winterhalbjahr nur noch unregelmäßige Beobachtungen. Vorher verweilte dort in jeder Monatsdekade mindestens ein Exemplar.

Als Brutrevier reicht oft eine kleine Fläche von 40-80 ha aus. Die Nahrungssuche beschränkt sich häufig auf ergiebige Stellen, die wiederholt angeflogen werden. Die Winterreviere werden bis auf 200 ha und mehr ausgedehnt. Hierbei ist zu beachten, dass jetzt die zentralen Bereiche der Offenfläche frequentiert werden.

Phänologie Da die Brutreviere häufig das gesamte Jahr über besetzt gehalten werden, lässt sich ein Teil der Raubwür­ger zu den Nichtziehern rechnen. Die Zerstreuungswanderungen im August führen zur Besiedlung der Nichtbrutgebiete. Wechselnde Herbstbestände deuten auf Zugbewegungen hin. Einzelne Vögel sind auch im Winter standorttreu. SCHÖN(1994) rechnet ein Zehntel aller Überwinterer und ein Drittel der Indivi­duen, die an Brutplätzen überwintern zur ansässigen Brutpopulation. Sie sind demnach Standvögel. Der durchschnittliche Monatsbestand zeigt im Oktober einen Gipfel(Abb. 5), der sich bis Februar konti­nuierlich halbiert. Ab Februar erhöht sich der Bestand wieder gleichmäßig, ohne jedoch den Oktoberwert zu erreichen. Möglicherweise resultiert der hohe Oktoberbestand aus Individuen des Brutbestandes, um­herstreifenden Tieren und Zuzüglern. Danach kommt es durch Wegzug, nahrungsbedingte Abwanderung und Verluste zu einer kontinuierlichen Abnahme bis zum Minimum im Februar. Ab März steigen die Bestände durch das Erscheinen der Brutvögel und durch Durchzügler wieder an. Bei der Betrachtung der einzelnen Winterhalbjahre erkennt man unterschiedliche Wegzugsverläufe, Je nach Witterung ergeben sich auch zweite Gipfel im Dezember und häufiger im Januar. Der niedrigste Bestand wurde in allen Jahren im Februar bemerkt.

Der Heimzug gipfelt erst im April. Häufig zogen verpaarte Raubwürger und Einzelvögel ohne erkennbare Revierbindung noch im April(z. B. 18.4.99 ein Paar bei Doberburg) durch das Gebiet. Auch in den Brut­revieren fanden sich manche Paare erst zu diesem Zeitpunkt ein. Der erhöhte Aprilbestand täuscht oft einen hohen Brutbestand vor, der nach dem Durchzug Ende April wieder abgebaut ist. Der größte Teil der Paare brütet aber ab Ende März.

Abb. 5: Mittlerer Monatsbestand

des Raubwürgers in den Winter­halbjahren 1992/93 bis 1999/2000 und durchschnittlicher Bestand an Reviervögeln. Fig. 5: Monthly mean totals of Great Grey Shrikes in win­ters 1992/93 to 1999/2000 and num­

Oktober November Dezember Januar Februar März Reviervögel ber of birds in breeding territories.

Schlussbetrachtung Der gegenwärtige negative Bestandstrend des Raubwürgers in Deutschland setzte zuerst in den von atlan­tischem Klimaeinfluss geprägten Beständen in West- und Süd-Mitteleuropa ein, während in den konti­nentalen Klimaregionen im Osten Mitteleuropas die Verluste langfristig gesehen recht gering waren