Diskussion
Dreizehn Jahre nach der Wiederbesiedlung Bran denburgs durch den Uhu als Brutvogel kann man weder von einem gesicherten Bestand sprechen noch deutet sich eine Bestandserhöhung an. In keinem Jahr wurden mehr als zwei Bruten sicher nachgewiesen, in zwei Jahren gar keine. Eine größere Anzahl von Gebieten mit rufenden Uhus ist dennoch ein deutlicher Hinweis auf weitere Brutreviere. Gezielte Suche in diesen Revieren durch verschiedene Personen erbrachte bisher jedoch keine Nachweise zusätzlicher Brutvorkommen. Auch regelmäßige Totfunde von Uhus deuten an, dass es weitere als die bekannten Brutplätze geben dürfte. Problematisch hinsichtlich der objektiven Einschätzung der Situation ist, dass es in Brandenburg keinen einzigen guten Kenner des Uhus gibt und bisher auch niemand verfügbar ist, der sich intensiver mit der gezielten Erforschung der Art befassen möchte. Es ist nicht auszuschließen, dass der tatsächliche Bestand bei zehn oder mehr Brutpaaren liegt.
Die Totfunde von Vögeln nach der Ästlingsphase bestätigen die in der Literatur immer wieder benannten Gefährdungen durch Verkehr(Straße und Schiene) sowie Freileitungen(ASMUSSEN 2003, AUGST 2003, BRAUNEIS 2003, KNOBLOCH 1979a, LANGGEMACH et al. 2000, MoOsıMANN-KAMPE et al. 1998, RISTIG et al. 2003, SUucHY 2001). Auch aus anderen Teilen Europas wird über hohe Verluste bis zu bestandsgefährdenden Ausmaßen berichtet, z. B. aus Norwegen (LARSEN& STENSTRUD 1988), Ungarn (GORMAN 1995) und Italien (RUGGIERI et al. 1996). Bei einem kleinen Bestand, wie dem in Brandenburg , sind derartige Auswirkungen um so eher zu erwarten. Am Schicksal einzelner Brutvorkommen in Brandenburg hat sich das bestätigt, auch wenn in einigen Fällen die Verluste durch neue Brutpartner kompensiert werden konnten.
Auf die wenigen sicher nachgewiesenen Bruten bezogen sind die brandenburgischen Reproduktionsergebnisse im Vergleich zu anderen Gebieten mäßig bis schlecht. Eine Übersicht über die Reproduktion in verschiedenen Regionen Deutsch lands und angrenzender Länder(Aucst 2003) nennt Zahlen zwischen 0,90 und 1,87 juv. je begonnene Brut(15 Untersuchungen). Im Monitoring Greifvögel und Eulen Europas wurden bei insgesamt 2.599 kontrollierten Bruten in den einzelnen Jahren von 1990 bis 2001 im Mittel zwischen 1,26 und 2,12 Junge ermittelt(MAMMEN& STUBBE 2002). In Bran enburg
liegt der Wert bei 0,93 juv. je begonnene
Brut(n= 15), also noch unterhalb des genannten Spektrums. Auch die Brutgröße von 1,75 Jungen je erfolgreiches Paar(n= 8) ist im Vergleich zu anderen Untersuchungen eher gering. MAMMEN& STUBBE (2002) nennen Zahlen zwischen 1,78 und 2,25, andere Untersuchungen liegen in diesem Bereich (z.B. BERGERHAUSEN 1998, DALBECK 2003, FÖRSTEL 1977, RısTIG et al. 2003) oder darunter(z.B. AUGST 2003: 1,47; LEDITZNIG 1999: 1,6; PUGACEWICZ 1995: 1,43; RöMHILD 2003: 1,66), nur ausnahmsweise darüber(GRÜLL& FREY 1992: 2,33).
Den Anteil erfolgreicher Paare beziffern MAMMEN & STUBBE(2002) zwischen 65,0% und 88,4%. Die 8 von 15 erfolgreichen Bruten in Brandenburg entsprechen 53,3%. Sofern die Angabe in Prozent bei so kleinem Umfang überhaupt zulässig ist, liegt die Zahl auf alle Fälle sehr niedrig. AUGST(2003) nennt bei 15 ausgewerteten Untersuchungen meist zwischen 20 und 50% Totalverluste, lediglich einmal nur 12%, Oft finden in besetzten Revieren gar keine Bruten statt(RöMHILD 2003).
Es ist aus mehreren Gründen sehr wahrscheinlich, dass die Brutergebnisse brandenburgischer Uhus. sogar noch schlechter sind. Zum einen sind die Datenreihen in mehreren Gebieten lückenhaft. Es kann sein, dass die anwesenden Paare gar nicht gebrütet haben. Es können aber auch frühe Brutverluste übersehen worden sein, was auch in Gebieten, die durch erfahrene Uhukenner betreut werden, regelmäßig geschieht(AUuGsT 2003). Eher unwahrscheinlich ist es, dass in den kontrollierten Gebieten erfolgreiche Bruten übersehen wurden, da die Familien sowohl über die Rufe der Jungvögel als auch über die Beutereste(“Schlachtbanken”) recht auffällig sind. Daneben gibt es fast alljährlich eine Reihe zusätzlicher Reviere, in denen rufende Vögel zur Äußerung von Brutverdacht führen(vgl. Zahlen bei RysLAVY 1993-2004). Erfolgreiche Bruten wären hier mit Sicherheit, zumindest in den Fällen, in denen systematisch gesucht wurde, nachgewiesen worden. Vor allem Brutverluste in einem frühen Stadium dürften in der Regel nicht wahrgenommen werden. Dies ist der Vorsicht seitens der Beobachter geschuldet, aber auch der geringen Erfahrung, die in Brandenburg bei der Erfassung des Uhubestandes vorliegt. Der reale Wert für die Fortpflanzungsziffer dürfte demnach niedriger liegen. Andererseits ist bei der Ermittlung der Fortpflanzungsziffer keine andere Bezugsgröße denkbar als die tatsächlich nachgewiesenen Brutversuche. Die mehrfach durch Zufall oder Nachkontrollen registrierten Verluste in der Ästlingsphase geben Grund zu der Annahme,