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© Otis 15(2007)
Einleitung
Offene und halboffene Landschaften besitzen für den Erhalt der biologischen Vielfalt in Mitteleuropa eine immense Bedeutung. Vielfalt und Gefährdungssituation von Tier- und Pflanzenarten dieser Lebensraumkomplexe erfordern daher nachhaltige Nutzungssysteme sowie Bewertungsmethoden, die zur Erhaltung der biologischen Vielfalt beitragen. Die Landwirtschaft, als der Wirtschaftszweig mit besonders großem Einfluss auf die Offenheit der Landschaft, hat sich im Zuge der Technologieentwicklung in den vergangenen Jahrzehnten zu hoch produktiven, überwiegend die biologische Vielfalt gefährdenden Nutzungssystemen entwickelt. Mit der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesrepublik Deutschland soll bei einer weiterhin effizienten landwirtschaftlichen Produktion auch die Sicherung der biologischen Vielfalt in den Kulturlandschaften gewährleistet werden. Dazu können unter anderem Agrarumweltmaßnahmen beitragen. Mit der Verordnung der EU über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds(ELER 2005) wurde ein Rahmen für die nachhaltige Ausrichtung dieser Prozesse vorgegeben, wobei Fortschritt, Effizienz und Wirksamkeit der Entwicklungsmaßnahmen im Vergleich zu ihren Zielen anhand von Indikatoren zu evaluieren sind. Parallel wurden durch die Europäische Umweltagentur Indikatoren für den Bereich biologische Vielfalt vorgeschlagen und “Headline indicators”, an erster Stelle der Indikator “Trends in der Abundanz und Verbreitung ausgewählter Vogelarten”, aufgeführt(EEA 2007).
Allgemein dient in der Vogelkunde die Abundanz (z.B. in Revieren je 10 ha) als Wichtigste Kennzahl zur Charakterisierung der Ansiedlungsbedingungen der Brutvögel. Diese kann in Relation zur räumlichen Ausprägung der Landschaften für Extrapolationen zur Ermittlung von Schätzwerten der einzelnen Vogelpopulationen Verwendung finden, wobei Abundanz, Populationsgröße und insbesondere deren Veränderungen über die Jahre als sensitive Indikatoren für die Qualität der Lebensraumbedingungen gelten(OECD/OCDE 1999, TEN BRINK 2000).
Vor diesem Hintergrund bestand in dem vom Bundesministerium für Ernähung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz geförderten Forschungsprojekt, Kurzbezeichnung“Artenvielfaltsindikator BMELV”, die Zielstellung, einen für landwirtschaftliche Gebiete geeigneten abundanzbasierten Vogel
indikator zu entwickeln. Auf der Grundlage einer Systematisierung und räumlichen Ausgrenzung der Landschaften, die als räumliche Basis für diesen Vogelindikator dient, waren für die Agrarlandschaft, sowie Teile von dieser, die durch landwirtschaftliche Hauptnutzungen geprägt sind, repräsentative Abundanzen der Brutvogelarten zu ermitteln. Darauf aufbauend sollten agrarlandschaftsbezogene Hochrechnungen der Vogelbestände erfolgen, landschaftstypische Indikatorbrutvogelarten selektiert und ein Vorschlag für einen Vogelindikator der Agrarlandschaft entwickelt werden. Dieser soll der Bewertung der Lebensraumbedingungen der Brutvogelarten in der Agrarlandschaft dienen und Differenzierungen zwischen Gebieten mit unterschiedlichen landwirtschaftlichen Hauptnutzungen erlauben.
Methoden
Untersuchungsgebiet
Die Methodenentwicklung und deren Anwendung erfolgten am Beispiel des Bundeslandes Brandenburg. Das Land hat insgesamt eine Größe von etwa 30.000 km?2, Mehr als die Hälfte dieser Fläche wird durch landwirtschaftliche Nutzungen geprägt. Das Jahresmittel der Lufttemperatur zeigt in den unterschiedlichen Regionen des Landes nur geringe Differenzen und liegt im langjährigen Mittel zwischen 7,9°C(Neuglobsow ) und 8,9°C(Schwarze Pumpe). Die Jahressumme der Niederschläge ist relativ gering, höchste Werte wurden im Südosten des Landes, im Mittel 660 bis 720 mm, geringste im mittleren Teil im Bereich des Oderbruchs mit 450 bis 540 mm festgestellt(HOFFMANN 2006).
Erhebungsmethode im Kontext zur Landschaftsstruktur
Zur Ermittlung der Abundanzen wurde die Methode der Revierkartierung gewählt(DoRNBUscH et al. 1968, OELKE 1968, FISCHER et al. 2005). Für repräsentative Abundanzdaten der Mehrzahl der Vogelarten mit Lebensräumen in Agrarlandschaften wird eine Größe der Untersuchungsflächen von etwa 50 bis 150 ha empfohlen(FiscHER et al. 2005). Die Geometrie der Flächen sollte möglichst kompakt sein, um Randeffekte zu minimieren. Aus diesen Gründen wurden für die Erhebungen quadratische Flächen von je 100 ha gewählt. Die Positionierung der Untersuchungsflächen wurde in der Agrarlandschaft zufällig verteilt und stratifiziert vorgenommen. Die Stratifizierung erfolgte entsprechend der Hauptnutzungen der Landwirtschaft. Dementsprechend las