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Langstreckenzieher. Besonders dramatisch stellt sich trotz intensiver artenbezogener Schutzmaßnahmen die Bestandssituation für nahezu alle Feucht- und Nasswiesenbewohner dar, die heute fast ausschließlich den Status„Vom Aussterben bedroht“ besitzen(Limikolenarten wie Großer Brachvogel, Uferschnepfe, Kampfläufer und Rotschenkel oder auch Tüpfelralle und Wachtelkönig). Eine Reihe weiterer Arten ist bereits aus der brandenburgischen Agrarlandschaft verschwunden. Damit ist die Bilanz für diesen Lebensraum deutlich schlechter als für die Vogelwelt insgesamt in Brandenburg . Der registrierte Biodiversitätsverlust auf landwirtschaftlich genutzten Flächen hält an und dürfte sich mit der Aufhebung der konjunkturellen Stilllegungen und der weiteren Entwicklung der energetischen Biomassenutzung noch verstärken. Es besteht in diesem Lebensraum dringender Handlungsbedarf die jetzige für Flora und Fauna weitgehend lebensfeindliche Situation zu verbessern. Vor allem in den Schutzgebieten, den letzten Refugien für viele Arten der Agrarlandschaft, besteht zudem die dringende Notwendigkeit, den Einfluss der Prädation zu reduzieren und damit den Bruterfolg vieler Arten auf das notwendige Maß der Bestandserhaltung zu erhöhen.
Für den aktuellen akuten Rückgang der Feldvögel ist v.a. das Ende der Flächenstilllegung verantwortlich, wodurch die zwischenzeitlich als Rückzugsräume genutzten Dauer- und Rotationsbrachen weitgehend vernichtet wurden und werden.
Daneben ist die enorm angewachsene Zahl von Windenergieanlagen zu einer neuen Verlustursache
Otis 19(2011), Sonderheft
für Vögel geworden. Im ADEBAR-Zeitraum 200509 wurde in Brandenburg (36.119 Kontrollen) mit 346 nachgewiesenen Vogelverlusten an Windenergieanlagen(T. Dürr, pers. Mitt.) nur die Spitze des Eisberges erfasst, wobei Singvögel 40% der Verluste ausmachen(insbes. Feldlerche, Grauammer, Wintergoldhähnchen und Neuntöter), gefolgt von Greifvögeln mit 33%(v. a. Mäusebussard, Rotmilan, Seeadler und Turmfalke) sowie weiteren Arten wie Ringeltaube und Mauersegler(je 5%).
Durch die Intensivierung der Landwirtschaft in den letzten 50 Jahren sind viele Pflanzen- und Tierarten auf regionaler und nationaler Ebene bereits ausgestorben. Die eigentliche Funktion des Agrarökosystems ist nachhaltig gestört. Der größte Lebensraum, die Agrarlandschaft, ist zu einem industriell ausgebeuteten, von Nährstoffen und Pestiziden überfrachteten Landschaftsbestandteil geworden. In einer europaweiten Studie(in acht west- und osteuropäischen Ländern) wurden die weitgehenden, negativen Effekte der landwirtschaftlichen Intensivierung auf Pflanzen, Laufkäfer, bodenbrütende Ackervögel und für die Chancen einer biologischen Schädlingsbekämpfung aufgedeckt und dargestellt. Da die Kontamination der Flächen weit fortgeschritten ist, sind ökologische Bewirtschaftungsformen auch nicht sofort für alle Artengruppen biodiversitätserhöhend. Für die Wiederherstellung einer biodiversitätsgebundenen Ökosystemfunktion des Agrarraumes in weiten Teilen West- und Mitteleuropas bedarf es einer europaweiten Veränderung hin zu einer Bewirtschaftung mit einem dauerhaften Verzicht auf den