Einsatz von Pestiziden auf großen Flächen(GEIGER et al. 2010).
Wälder und Forste: Wälder und Forste wurden lange Zeit für in sich stabile Lebensräume gehalten. Unterschiedliche Nutzungsformen bedingten aber auch hier wechselnde Lebensmöglichkeiten für die waldbewohnenden Vogelarten. Die Bestandstrends von 51 überwiegend in Wäldern und Forsten lebenden Vogelarten erlauben für die letzten 15 Jahre Vergleiche zum möglichen Einfluss der durch die Waldbewirtschaftung gesteuerten Prozesse wie Bestandsverjüngung, Wachstum und Bestandsstruktur.
Für 34 Vogelarten konnte ein stabiler bzw. positiver Bestandstrend festgestellt werden. Bei einigen Brutvogelarten mit positiver Bestandsentwicklung sind dabei durchaus Zusammenhänge mit der forstlichen Nutzung ersichtlich. So profitierten Höhlenbrüter, wie Hohltaube, Waldkauz und Schwarzspecht, von einer Schonung der Höhlenzentren bei Einschlagsarbeiten. Der Zaunkönig findet durch das heute in der Fläche verbleibende Schlagreisig, das bei der Nutzung einer viel größeren Waldfläche im Zuge des weitestgehenden Verzichts auf Kahlschläge anfällt, umfassendere Lebensmöglichkeiten. Die Mönchsgrasmücke wird durch die Zunahme der Strauchschicht durch viele neue Vor- und Unterbauten begünstigt. Für den Mittelspecht wirken sich der deutlich geringere Nutzungsdruck auf die Eichen- und Laubmischwälder sowie der schlechte vitale Zustand vieler Eichenbestände vorteilhaft aus. Die positiven Tendenzen bei den Eulenarten wie Waldohreule, Waldkauz, Raufußkauz und Sperlingskauz könnten mit der Zunahme der Mäusedichten im Wald im Zusammenhang stehen. Der Sperberbestand hat sich durch die nachlassende Kontamination mit Insektiziden, vor allem DDT , deutlich erholt.
Bei einigen Arten sind die Zunahmen aber eher nicht durch die Waldbewirtschaftung begründet. So sind die Gründe der positiven Bestandsentwicklung bei Misteldrossel, Sumpfmeise und Sommergoldhähnchen eher komplex zu sehen, wobei eine lange Serie milder Winter sicher einen ebenfalls nicht unbedeutenden Einfluss hat.
Andererseits zeigen 17 der untersuchten 51 überwiegend waldbewohnenden Vogelarten einen stark bis sehr stark abnehmenden Bestandstrend. Für die meisten Arten sind jedoch Zusammenhänge mit der Waldnutzung nicht in jedem Fall ersichtlich.
Kürzere Durchforstungsintervalle, zudem auf größerer Fläche, mit denen jeweils die vollständige Entnahme aller toten und absterbenden Bäume verbunden ist, dürften ursächlich für die starke Abnahme
von Weidenmeise, Wald- und Gartenbaumläufer sein. Wintergoldhähnchen, Heckenbraunelle und Gimpel wurden vorübergehend von den zahlreichen Fichten- und Douglasienpflanzungen begünstigt, die in den 1960er und 1970er Jahren in die Kiefernund Laubholzforste eingebracht wurden. Zunehmend entsprechen die Baumbestände altersbedingt immer weniger den Ansprüchen dieser Arten und Neubegründungen mit Koniferen in gleichem Umfang finden nicht mehr statt. Die Konsequenz dieser Entwicklung ist der Rückgang dieser typischen Fichtenwaldbewohner. Die Abnahme beim Fitis wird durch die Hinwendung zur kahlschlaglosen Waldbewirtschaftung mit verursacht. Im von Kiefernforsten geprägten Brandenburg war der Fitis die dominante Vogelart der Kahlschlagaufforstungen, nachdem diese das Jungwuchsalter erreichten. Mit dem Aufwachsen der Bäume werden die Flächen ab dem beginnenden Stangenholzalter wieder vollständig verlassen. Durch den weitestgehenden Verzicht auf Kahlschläge fehlen inzwischen die Jungwüchse als bedeutender Lebensraum, wodurch der Bestand des Fitis abnimmt. Eine zunehmende Vergrasung der Baumbestände nach stärkeren Auflichtungen im Zuge des Einsatzes von Großtechnik zur Holzernte und die Zunahme der von einer Strauchschicht durchsetzten Baumbestände durch Vor- und Unterbauten sowie die rasante Ausbreitung der Traubenkirsche haben den Bestandstrend bei Arten wie Turteltaube, Wendehals und Baumpieper besonders stark negativ beeinflusst. Spärlich bewachsene Waldböden gehören inzwischen zu einer seltenen Erscheinung.
Für den Trauerschnäpper ist der Einfluss forstlicher Nutzungen auf seine negative Bestandsentwicklung nicht ersichtlich, zumal das Nisthöhlenangebot durch das Anbringen vieler Nistkästen deutlich erhöht wurde. Artspezifische Schwankungen am Arealrand dürften bei Grauspecht und Zwergschnäpper für die Abnahmetendenz eine größere Rolle spielen als waldwirtschaftliche Eingriffe. Der Abnahmetrend beim Habicht ist weniger durch forstliche Bewirtschaftung bedingt und wird in Brandenburg offenbar hauptsächlich durch illegale Nachstellungen verursacht. Das belegt sein enormer Bestandsanstieg in Berlin wo menschliche Nachstellungen völlig unbedeutend sind.
Insgesamt überwiegen in den Wäldern und Forsten deutlich die stabilen und positiven Effekte der Waldbewirtschaftung. Durch forstliche Nutzungen wurde zumindest in den letzten 15 Jahren keine Vogelart in Brandenburg und Berlin an den Rand ihrer Existenz gedrängt.