Heft 
Band 6 Heft 1/2
Seite
93
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OTIS 6(1998) 1/2: 93-103 93

Die ornithologischen Ereignisse nach der Überflutung der Ziltendorfer Niederung 1997

HARTMUT HAUPT& THOMAS NOAH

Zusammenfassung

Extreme Niederschlagsmengen aus dem Oberlaufgebiet der Oder führten am 23. Juli 1997 auch zu einem Deichdurchbruch auf deutscher Seite des Flusses im Bereich der Ziltendorfer Niederung. Nach dem Abfließen der Flutwelle boten sich durchziehenden Wat- und Wasser­vögeln ausgedehnte Rastflächen. Die Vogelbestände wurden durch fast tägliche Zählungen zwischen dem 24. August und 23. September erfaßt. Überregionale Bedeutung erreichten z.B. die Rastbestände von Krick-, Stock-, Knäk-, Löffelente, Sandregenpfeifer, Kiebitz, Sichel­strandläufer, Kampfläufer, Bekassine, Dunkler Wasserläufer und Grünschenkel. Die große Ökologische Bedeutung von naturnahen Flußlandschaften, insbesondere des Odertals, wird im Zusammenhang mit Fragen des Hochwasserschutzes und der Landschaftsnutzung diskutiert.

1. Einleitung

Natürliche Flußläufe sind einer großen durch das Wasserregime bestimmten Dynamik aus­gesetzt. Der Wechsel zwischen Trockenperioden und Überflutungen bringt für die in Flußauen lebenden Tiergemeinschaften entweder Vor- oder Nachteile. Auch die hier sehr artenreich vorkommende Vogelwelt ist davon betroffen. Besonders jahreszeitliche späte Überschwem­mungen führen oft zu Brutverlusten, während sich andererseits nach dem Abfließen der Fluten vielen Arten ideale Brut- oder Rastmöglichkeiten bieten.

Anfang Juli 1997 ließen extreme Niederschläge im Oberlaufgebiet der Oder und ihrer Neben­flüsse die Wasserführung des Flusses auf einen bisher nie erreichten Höchststand steigen. Die Wassermassen überschwemmten insbesondere im polnischen Nachbargebiet mehrere hundert Quadratkilometer Land und hinterließen bedauerlicherweise viel menschliches Leid. Am 23. Juli hielt auch der Deich bei Aurith im Landkreis Oder-Spree den Fluten nicht mehr stand und die dahinterliegende Ziltendorfer Niederung wurde überflutet. Bis zum Schließen der Durch­bruchstellen Mitte August war das Gebiet nicht zugänglich. Danach Zog sich gleichzeitig mit dem Ablaufen der Flutwelle das Wasser aus der Niederung zurück und es verblieben ideale Rastbedingungen insbesondere für Wat- und Wasservögel. Da sich wiederum zeigte, welches ökologische Potential in natürlichen Flußlandschaften steckt, wenn sie sich den Raum nehmen der ihnen entzogen wurde, soll nachfolgend über die wesentlichen ornithologischen Ereignisse berichtet werden.

2. Gebiet, Material und Methodik

Die Ziltendorfer Niederung liegt zwischen Eisenhüttenstadt und Frankfurt/O . am Mittellauf der Oder. Nach komplexer Melioration in den 1960er Jahren wurde sie überwiegend acker­baulich zum Anbau von Weizen, Mais und Zuckerrüben genutzt. Grünlandbereiche sind nur noch kleinflächig vorhanden.