Heft 
Band 22
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Möckel: Brutvogelarten in einem wiedervernässten Polder im Oberspreewald 77

Mecklenburg-Vorpommern über 22.000ha flach überstaute, eutrophe bis polytrophe Feuchtgebiete mit hoher Vegetations-, Stoff- und Wasserstands­dynamik. In nahezu allen Fällen stellte sich kurze Zeit später eine reichhaltige Avifauna ein, zu der oft seltene Sumpfvögel gehören(HEroLD 2012, SELLIN& SCHIRMEISTER 2012). In Brandenburg findet man in unterschiedlichem Maß wiedervernässtes Grünland beispielsweise bei Altkünkendorf in der Uckermark (Meıser 2003), am Streng unweit vom Rietzer See (Sons& Dürr 1993) sowie in der Nuthe -Nieplitz­Niederung(KALBE 1997, 1999).

Bis 1990 wurde auch das monostrukturierte Saatgrasland im hier beschriebenen UG mit Hilfe eines Schöpfwerkes entwässert und intensiv genutzt. Damals dürften auf den trockenen, regelmäßig um­gebrochenen und neu eingesäten, bis viermal jähr­lich gemähten Standorten die meisten der heute hier nistenden Vogelarten viel seltener gewesen sein. Mit der Extensivierung und der daran gekoppelten Wie­dervernässung des Areals wurde auch im Oberspree­ wald ein herausragender Lebensraum für zahlreiche Brutvogelarten der Flusstalmoore geschaffen.

Um diese Entwicklung zu dokumentieren, wur­de im Frühjahr 2006(2007), 2011 und 2013 im UG eine Auswahl mehr oder weniger wassergebundener Brutvögel kartiert. Unter diesen befinden sich neun des Anhangs I der Vogelschutz-Richtlinie der Eu­ ropäischen Union . Die weiteren sind überwiegend seltene, in Brandenburg und Deutschland meist be­standsgefährdete Vogelarten. Das erklärte Ziel war es, die Bestandsveränderungen in Abhängigkeit von der jährlich wechselnden Durchfeuchtung der exten­siv genutzten Nass- und Feuchtwiesen im Komplex

mit alten Bruchwäldern zu dokumentieren. Das Er­gebnis erlaubt es, die Vogelarten-Besiedlung des UG im trockenen Frühjahr 2006(2007) jenen Besiedlun­gen im durch hohe Wasserstände gekennzeichneten Frühjahr 2011 sowie im feuchten Frühjahr 2013 ge­genüber zu stellen(Tab. 2).

Bei acht Vogelarten wurde eine Zunahme bei höheren Wasserständen in den Wiesen festgestellt. Besonders deutlich ist diese Abhängigkeit bei Knäk­ente(von Null auf sechs Reviere), Wasserralle(von vier auf zwölf Reviere), Tüpfelralle(von zwei auf 21 Reviere), Bekassine(von elf auf 44 Reviere) sowie beim Rohrschwirl(von acht auf 14 Reviere). Deren Rückgang bei der zwei Jahre später(2013) erneut durchgeführten Untersuchung bei nur mäßig guter Wasserversorgung unterstreicht die Wasserabhän­gigkeit dieser Arten. Allein durch den Faktor Wasser kam es von 2006 bis 2011 zur Verdreifachung der kumulierten Revierzahlen dieser acht Vogelarten (von 43 auf 130 Reviere; Tab. 2). Aber auch im nur feuchten Frühjahr 2013 lag der Bestand dieser Arten noch doppelt so hoch wie im Trockenjahr 2006. Zu erklären ist die enorme Zunahme von 2006 zu 2011 damit, dass in 2011 mehr durchziehende Vögel auf Grund der optimierten Habitate(großflächig nasse Wiesen) zum Verbleib animiert wurden.

Bei weiteren Brutvogelarten wurde diese Was­serabhängigkeit nicht gefunden(Tab. 3). Deren Häu­figkeit wird durch andere, offenbar großräumiger wirkende Faktoren gesteuert. Nur bei einer der un­tersuchten Arten- der Nachtigall - kam es zu einem bis 2013 anhaltenden Rückgang infolge der hohen Wasserstände.

Tab. 1: Grundwasserstände ausgewählter Messpegel des Untersuchungsgebiets von West(P1) nach Ost(P8) Mitte Mai

(zur Lage Messstationen siehe Abb. 3).

Tab. I: Ground water levels at selected locations in the study area from west(P1) to east(P8) in mid-May(see Fig. 3 for

location of the measuring stations). Jahr P1 P3 P6 P8 .NN| relativ*|.NN| relativ*|.NN| relativ*|.NN relativ*

2006 50,40- 50,33- 50,48 ­2007 50,37- 50,32- 50,45 ­Mittel 2006/07 50,38 0 50,32 0 50,46 0 2011 50,50+12 50,44+12 50,70+24 2013 50,49+11 50,40+8 50,65+19

Anmerkung:*= Wasserstandsdifferenz in cm zum Mittelwert der Trockenjahre 2006 und 2007