122 Otis 23(2016) Der Kranichunfall führte zu wiederholten Kontakten zwischen dem Leitungsbetreiber und der Vogelschutzwarte. Dabei spielte auch eine Freilanduntersuchung an einer 380 -kV-Leitung im Unteren Odertal eine Rolle, die von„50 Hertz“ großzügig unterstützt worden war. In deren Ergebnis fanden K alz et al.(2015) signifikant reduzierte Kollisionen durch schwarz-weiße Doppelspiralen, die in den inneren 60 % der Spannfelder in 10 m Abstand zueinander am Erdseil angebracht worden waren und mit 20–25 m Abstand in den mastnahen Abschnitten. Mit dem Netzbetreiber„50 Hertz“ wurde vereinbart, wegen der im Havelland trotz der Spiralmarker eingetretenen Kranichverluste die Studie mit den auffälligeren schwarz-weißen RIBE-Vogelschutzmarkierungen 1 zu wiederholen. Deren Abstände waren wegen der höheren Gewichte der einzelnen Marker größer; sie betrugen in den inneren 60 % der Spannfelder 20 m, in den mastnahen Bereichen 25 m. Im Sommer 2016 wurden die vorhandenen Spiralmarker entfernt, die Mastspitzen stabilisiert und RIBE-Vogelschutzmarker angebracht. Die Folgeuntersuchung ergab einen fast identischen Effekt in der Reduzierung der Anflugopfer gegenüber der Variante ohne Markierung.Allerdings waren von Ulf Kraatz in allen Phasen der Untersuchung(ohne Marker/Spiralmarker/RIBE-Marker) in der Hauptsache Kleinvögel und mittelgroße Arten gefunden worden. Große Vogelarten waren überraschender Weise trotz der Lage der Trasse im Nationalpark und EUSPA„Unteres Odertal“ nur in Einzelfällen kollidiert, sodass zu deren Anflugrisiken keine abschließende Beurteilung möglich ist. Im Hinblick auf die im Havelland trotz Markierung verunglückten Kraniche wird sowohl von Seiten des Netzbetreibers als auch des Landesamtes für Umwelt(LfU) eine Optimierung des Markersystems angestrebt. Parallel wurde in den Gesprächen mit„50 Hertz“ die Möglichkeit des Einsatzes von Überwachungskameras erörtert, um an ausgewählten Spannfeldern das Verhalten der Vögel und eventuelle Kollisionen zu studieren und daraus zu lernen. Entsprechend hoffnungsvolle Probeläufe gab es bereits in einem Projekt in Österreich gemeinsam mit der Austrian Power Grid AG. Mit dem österreichischen Projektverantwortlichen Dr. Rainer Raab vom gleichnamigen Technischen Büro und Mitarbeitern von„50 Hertz“ und der Vogelschutzwarte gab es einen ersten Ortstermin, der der Präzisierung ausgewählter Spannfelder diente. Indessen ist die Erdverkabelung von Mittelspannungsleitungen im Havelländischen Luch weiter vorangeschritten. Im Herbst 2015 verlegte der Rathenower Meisterbereich der E.DIS AG einen 4 km langen Abschnitt zwischen den Orten Gräningen und Buckow, wofür den Mitarbeitern herzlich zu danken ist. Über die Jahre wurden allein an einem Teilabschnitt 26 kollidierte Vögel in der Vogelschutzwarte dokumentiert, vor allem Wasservögel, die in dem parallel zur Leitung verlaufenden „Ersten Flügelgraben“ landen wollten. Nach der Entfernung einer altersmorschen Pappelreihe, die vorher die Leitung abschirmte, hatte sich das Problem verschärft. Im Jahr 2013 gaben 2 mit der Leitung kollidierte Großtrappen den Ausschlag, nun an die Rathenower E.DIS-Mitarbeiter heranzutreten und die Erdverkabelung dieser Leitung anzuregen. Nachdem dies in die Betriebsplanung integriert war, wurde es auch relativ kurzfristig umgesetzt.Auch zu den letzten verbliebenen Mittelspannungsabschnitten wurden Karten übergeben und Prioritäten benannt; es besteht Hoffnung, dass in diesem Schutzgebiet in absehbarer Zeit alle Mittelspannungsleitungen unter der Erde sein werden. Ein weiteres Beispiel guter Zusammenarbeit zwischen Energieversorgern und Naturschutz ist der Schutz des Fischadlers. Dass dies auch zu einem„Exportschlager“ werden kann, zeigte sich auf bzw. nach einer Fischadlertagung, die vom 22. bis zum 23. September 2015 in Łagów(Polen) auf Einladung der Umweltdirektion Gorzów stattfand. In Polen gab es im Jahr 2000 noch 70 Brutpaare; im Vergleich dazu lebten in Deutschland 391 Brutpaare bei vergleichbarer Lebensraumausstattung. Seitdem zeichnete sich eine völlig gegenläufige Entwicklung ab – weiterer Zuwachs in Deutschland auf 670 Brutpaare im Jahr 2015 2 (davon 381 in Brandenburg) und Rückgang in Polen, wo bis 2014 sogar die Zahl von 30 Paaren unterschritten wurde! Als eine der Ursachen wird illegale Verfolgung durch Fischer und Angler angenommen. Andere fischfressende Arten nehmen jedoch in Polen zu, z. B. Seeadler, Kormoran, 1 http://www.ribe.de/sites/default/files/ckeditor_files/XIFEAobHgeoQTjRIw6b7.pdf 2 Zahlen für Deutschland: Daniel Schmidt-Rothmund
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Band 23
Seite
122
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