Heft 
Band 23
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124 Otis 23(2016) opfer, gefolgt von Rauhaut- und Zwergfledermaus. Eine überschlägige Analyse von durchschnittlichen Fundzahlen je WEA und Jahr ergab Unterschiede im Einfluss von Anlagenparametern auf die Höhe der gefundenen Kollisionsopfer. So waren bisher die Verluste an WEA, deren Rotorzone in den Kronen­bereich der Bäume ragt, am höchsten und nahmen mit größerem Abstand zum Boden ab. Allerdings stiegen die Fundzahlen ab einem Abstand der Ro­torzone zum Boden von>80 m sprunghaft an und übersteigen sogar die Größenordnung der bodennah (21–30 m) rotierenden WEA. Grund hierfür könnte die größere von den Rotoren überstrichene Fläche an diesen WEA sein. Gegenüber WEA mit einer Gesamthöhe bis 100 m nahm die durchschnittliche Anzahl gefundener Fledermäuse an WEA zwischen 101 bis 150 m um 52 % zu, an WEA zwischen 151 bis 200 m sogar um 388 %. Alarmierend ist dies vor al­lem für die ohnehin am meisten betroffenen Arten: Der Anteil der im offenen Luftraum besonders ak­tiven Abendsegler, Zweifarb-, Rauhaut- und Zwerg­fledermäuse stieg unter den Gesamtfunden von 91 % auf 98 %. Die Verluste an hohen WEA mit>90 m Freiraum unterhalb der Rotorzone konzen­trieren sich auf weniger Arten, als es zwischen 21 und 30 m über dem Boden der Fall ist. Zu denKollateralschäden des Windnut­zungsausbaus zählen Störungen durch Kartie­rungen. Auftraggeber der Windindustrie verlangen dabei regelmäßig, dass der Horstnachweis zu erbrin­gen ist, selbst wenn es sich um bekannte Brutrevie­re mit einem vom Land bestellten Horstbetreuer handelt. Teilweise agieren mehrere Planungsbüros parallel in der beschriebenen Weise. Die Vermutung drängt sich auf, dass dies Teil des strategischen Um­ganges mit Planungshemmnissen ist, denn die Folge sind Aufgabe der Brut und schlimmstenfalls sogar des Reviers. In mehreren Fällen sind zudem Horste spurlos verschwunden, z. B. in einem uckermärki­schen Schreiadlerrevier, in dem über Nacht auch alle Fledermauskästen verschwanden(Abb. 3, vgl. auch L anggemach 2017), die TAK-Relevanz(Tierökolo­gische Abstandskriterien nach dem brandenburgi­schen Windkrafterlass 4 ) hätten entfalten können. Selbst das Absägen von Horstbäumen ist nachgewie­sen. In der Lausitz(Landkreis Spree-Neiße) wurde im zurückliegenden Winter ein Seeadler-Horstbaum abgesägt, der die Errichtung von nahegelegenen Windkraftanlagen in Frage gestellt hätte. In einem uckermärkischen Seeadlerrevier wurde im Mai 2016 und im April 2017 erneut der Horstbaum ab­gesägt. Dieses Adlerpaar wie auch ein weiteres in der Uckermark, dessen Horstbaum im Mai 2017 abge­sägt wurde, störten die Täter offensichtlich wegen benachbarter Windeignungsgebiete. In der Prignitz führte massive Rodung von Traubenkirschen unter einem Seeadlerhorst zu Beginn der Brutzeit zum Umzug der Vögel, und auch hier gab es in unmittel­barer Nachbarschaft Windkraftplanungen. Ähnliche Fälle, auch in anderen Bundesländern, gab es bei weiteren geschützten Arten bis hin zu Schwarzstorch und Schreiadler. Durch die Presse ging auch der Abschuss eines brütenden Seeadlerweibchens bei Balje(Niedersachsen), der durch Zeugenaussagen aufgeklärt werden konnte. Man ermittelt,ob durch den Abschuss das Grundeigentum einen Wertzu­wachs erfahren hat. Regelmäßig sollte bei solchen Vorfällen Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet werden. Alle verfügbaren Informationen sollten der Vogelschutzwarte und/oder dem Komitee gegen den Vogelmord e. V. zur Dokumentation über­mittelt werden(Meldeformular unter http://www. greifvogelverfolgung.de/content/meldeformular). In Abstimmung miteinander übernehmen beide teils zusätzliche Recherchen. Alle Ornithologen sollten also künftig noch wachsamer als bisher in ihrenEinzugsbereichen unterwegs sein, die Augen offen halten und ihre Wahrnehmung gegenüber solchen kriminellen Ma­chenschaften schärfen. In den fünf brandenburgischen Regionalplä­nen werden Brutvorkommen von Arten mittier­ökologischen Abstandskriterien 4 grundsätzlich berücksichtigt, doch die natürliche und teils auch störungsbedingte Dynamik führt zur Nutzung von Wechselhorsten, zu Umzügen und Neuansiedlungen. Angesichts der vielen mittlerweile dokumentierten il­legalen bzw. kriminellen Aktivitäten an solchen Brut­plätzen muss man leider einschätzen, dass Reviere mit Windkraftplanungen in der Umgebung in höchs­tem Maße gefährdet sind. Wenn zeitweilig nicht be­setzte Wechselhorste sehr kurzfristig für Planungen 4 Windkrafterlass des MUGV Brandenburg vom 01. Januar 2011, Anhang 1: http://www.mlul.brandenburg.de/cms/ detail.php/bb1.c.310544.de