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K. Mielke,
lebt er auf, Immer wieder muß er sich erneuern, weil uns der Trieb zum Fortschritt angeboren und entwickelt ist, weil sich der Sehnsucht zum Guten und Schönen die Schwerkraft der Trägheit, die Macht materieller Wünsche entgegenstellt und sie zum Kampfe fordert. Dem Nachdenkenden wird auch das gewaltige Drama, an dem wir alle beteiligt sind, nicht ein Kampf der Völker sein, sondern das Ringen zweier Weltanschauungen, in dem, des sind wir gewiß, mit schweren Opfern, aber doch mit Auslese der Besten die Vertreter der starken Zukunft siegen werden. Die Unabwendbarkeit solcher Welttragödien hat gerade das deutsche Volk von der Vergangenheit bis in die Gegenwart gekannt. Sie kommt zum Ausdruck in dem Götterdämmerungs- mythus, in der Sage von der auch auf märkischem Boden lokalisierten letzten Schlacht am Birnbaum, in dem christlich umgedeuteten althochdeutschen, von einem Bajuvaren verfaßten Gedicht Muspilh, an das eine Friedhofsinschrift in Beelitz lebhaft mit den Worten gemahnt:
Wir müssen aus den Gräbern gehn, und alle vor dem Gerichte stehn,
Das Gottes Sohn wird siegen,
Wenn auf der Engel Feld Geschrey Die Gluth dis kleine Welt Gebäu Wird in die Asche legen.
In Brandenburg blühte noch im 18. Jahrhundert ein Sprößling dieser Weltuntergangsstimmung in der, freilich einer politischen Fälschung zu verdankenden Lehninischen Weissagung.
Das griechische Heldenlied erzählt uns greifbar diesen Gegensatz guter und böser Kräfte in dem Vernichtungskampfe der Götter gegen die ungeschlachten Giganten, die in ohnmächtiger Wut Felsen auf Felsen türmen und von der geistigen Ueberlegenheit der blitzesendenden Götter überwunden werden. Aber es erzählt uns von der Unbesiegbarkeit des Giganten Alky- oneus, der nicht besiegt werden kann, solange er in seiner Heimat weilt. Darin liegt der tiefe Sinn aller Mythen, daß sie uns Lebenserfahrungen, tiefe Weisheit und sinnige Wahrheit künden, die ganzen Geschlechtern eigen waren. Die Heimat ist der unerschöpfliche Jugendquell der Taten und der Gestaltungskraft der Menschheit. Ihr Einfluß, der von der Natur des Landes und der Geschichte seiner Bewohner bestimmt wird, durchwirkt die Jahrhunderte und die Geschlechter mit jenem lebendigen Strom einheitlich gestaltender Fähigkeit, die immer wieder sich neu ergänzt, wenn die Furchtbarkeit menschlicher Tragödien die Saat vernichtet hat.
Das hat gerade die Wissenschaft der Heimatkunde auf allen Gebieten ihres Wirkens nachgewiesen. Wenn die Forschung wie mit einer Tiefbohrung durch die Schichten von Jahrhunderten dringt, dann stößt sie auf die gleichen Erscheinungen, die uns Gegenwartmenschen bewegen. Lange bevor die altgermanische Kultur von der Slawenflut überwogt wurde, sang man von Iron