Heft 
(1917) 26
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Zehlendorf angelegt !e, während man bis dahin auf schmalen Land­wegen dahm gelangte. Dadurch war der Ort der Hauptstadt bedenklich näher gerückt. In viel höherem Grade geschah es, als das schmale Bett der Bäke mit dem See für den Lauf des Teltowkanals benutzt wurde. Seit der Eröffnung dieses Kanals, die im Jahre 1906 geschah, ist dem Ort eine Ent­wicklung in Aussicht gestellt, über die sich nichts Voraussagen läßt. Jeden­falls hat sich seine Bevölkerung in wenigen Jahren verdoppelt. Noch aber trägt Machnow den Charakter einer Uebergangszeit. Es ist nicht mehr Dorf, aber auch noch nicht Vorort.

Ich will nicht in den Fehler verfallen, die Vergangenheit auf Kosten der Gegenwart zu preisen. Gewiß, das alte Idyll ist hin, aber das Neuentstandene ist auchnicht ohne, wie der Berliner sagt. Die hier errichtete Schleuse, die einzige des ganzen langen Kanals, ist ein technisches Meisterwerk. Sic hat einen mehr als drei Meter betragenden Höhenunterschied zwischen der Spree und der Havel auszugleichen und ist mit ganz neuen, höchst kunstvollen Einrichtungen versehen. Aber auch vom ästhetischen Standpunkt aus dürfen sich die mit der Schleuse verbundenen Bauten durchaus sehen lassen. Sie stören keineswegs den Charakter der Landschaft. Man kann sagen: die alte Schönheit ist geschwunden. Was aber an seine Stelle getreten ist, hat seine eigenen Reize.

Als bauliches Wahrzeichen dieser neuen Periode kann das von Bodo Ebhardl 1907 auf dem Sceberg erbaute neue Schloß der v. Hakeschen Familie gelten.

Ich kann nicht schließen, ohne einer besonderen Eigentümlichkeit Klein- Machnows noch zu gedenken. Der Ort ist besonders reich an Sagen, deren Ursprung wohl der zweiten Periode zuzuweisen ist. Zwei davon will ich mitteilen, weil ihre Entstehung gut sichtbar ist.

Die eine lautet:

Das steinerne Medusenhaupt in Klein-Machnow.

Einer aus dem Geschlecht derer von Hake, der auf seiner Burg zu Klein-Machnow residierte, war ein gar trotziger Herr. Einmal standen gegen ihn alle Bewohner seiner Lande auf und wollten, von Hunger ge­quält, seine Kornscheuern plündern. Ehe er dem Folge gab, ließ er den Feuerbrand in die Getreidekammern schleudern, daß alles von der Gewalt der Flammen verzehrt wurde. Aber noch in derselben Nacht ward der Schandtat die Vergeltung. Giftige Schlangen krochen an die Lagerstatt des grimmen Herrn von Hake, die der erstickende Rauch aus ihren dumpfen Höhlen herausgetrieben hatte. Sie peinigten den Missetäter zu Tode, so daß er noch in selbiger Nacht seinen Geist aufgab. Am anderen Morgen war nur noch ein Skelett übrig von des Ritters einstiger Herrlichkeit, denn die Schlangen hatten ihm das Blut geraubt und das Fleisch zernagt. Ver-