Heft 
(1917) 26
Seite
79
Einzelbild herunterladen

Biicherschau.

79

einzelnen für Berlin noch zu erweisen sein werden. Für die innere Raumvorlage des älteren typischen Wohnhauses können wir allenfalls Rückschlüsse machen aus den wenigen erhaltenen oder wenigstens zeichnerisch aufgenommenen Bauresten, aus vereinzelten Abbildungen, und Zeichnungen und aus dem Vergleich mit noch vorhandenen Wohnhäusern in Frankfurt a. O., Spandau, Cottbus u. a. (Es sei dabei auf die schöne Arbeit von Dr.-Ing. Karl Eicke: Das bürger­

liche Wohnhaus in Cottbus, Cottbus 1917, hingewiesen). Einen breiten Raum nehmen naturgemäß die Verordnungen ein, die seit Mitte des 17. Jahrhunderts als Willensakte der Herrscher einen großen Einfluß auf das Stadtbild und auf die Hausform erlangten, und die durch die Gründung von Neustädten (Friedrichswerder, Neukölln, Dorotheen- und Friedrichsstadt) eigentlich erst den neuen Typus schufen. Trotzdem eine innere, sozial und wirtschaftlich gebundene Gestaltung bis Ende des 18. Jahrhunderts nicht zu verkennen ist, die erste Berliner Bauordnung von 1641 war über zwei Jahrhunderte gültig brachte die weitere Entwicklung manche Ausgestaltung mit, das Hinterhaus, das erst im 18.'Jahrhundert zahlreicher wird, die Um­gestaltung des mittelalterlichen Dreifensterhauses in die mehrfenstrige Langfront u. a. m., was mit der steigenden Zahl der Bewohner ver­bunden blieb. Interessant ist die Tatsache, daß einzelne Teile ver­käuflich waren, wo wir heute nur das Mietsverhältnis kennen. Die Entwicklung schließt mit dem Tode Friedrich Wilhelms III. ab.

Die Geschichte Berlins hat durch dieses, von beinahe 200 Ab­bildungen unterstützte Werk eine äußerst wertvolle Bereicherung gewonnen. Zu der Bemerkung Sp. 109, daß das Haus Unter den Linden 17 18 ein mit gemeinsamer Fassade versehenes Doppelhaus sei, möchte ich, der ich in diesem Hause geboren und groß geworden bin, bemerken, daß es als Palast eines Generals von Montolieu 1719 erbaut und bis zu seinem Abbruch in gemeinsamer Hand war. R Mielke.

Adolf Behne: Oranienburg als Beispiel für Stadtbetrachtungen dargestellt. 171. Flugschrift des Dürerbundes. Verlag von D. W. Callwey, München. Preis 75 Pfg.

Seit langem ist der Wunsch rege, den üblichen trockenen und bei aller scheinbaren Genauigkeit doch immer den lebendigen Erscheinungen fremd bleibenden Ortsführer durch einen anderen zu ersetzen, der, weil er nicht von irgend welchem abstrakten Wissen ausgeht, sondern unmittelbar von den Erscheinungen selbst, den Leser und Wanderer wirklich in ein seelisches Verhältnis zu den Dingen bringt. Diesem Wunsch will die vorliegende Flugschrift entgegenkommen. Sie will ein stiller freundlicher Begleiter sein, der- keine trockene geschichtliche Darstellung gibt, sondern wie ein im Orte Heimischer einem guten Freund die Stadt so zeigen, wie er sie sieht und liebt. Zugleich soll sie ein Beispiel sein für die Art, wie man überhaupt auf Reisen und Wanderungen genießen möge: nicht bloß dorthin gehen, wohin der Führer weist und feststellt, daß das betreffende Ding da auch wirklich steht, sondern das Gesehene erleben und sich an ihm bilden im Goetheschen Sinne. Die Flugschrift ist mit Bilderbeispielen geschmückt und dürfte als ganz neue Art von Führer überall rechte Beachtung verdienen.

i