Heft 
(1907) 15
Seite
15
Einzelbild herunterladen

19. (8. ordentliche) Versammlung des XIV. Vereinsjahres.

15

a) zunächst eine Epoche machende Schrift in den Abhandlungen der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Mathematisch Physikalische Klasse. Neue Folge Bd. IV. Nr. 4.Die archaeolithische Cultur in den Hipparionschichten von Anrillac (Cantal). Mit 5 Tafeln. Ich kann mich hier kurz fassen, da ich diese Schrift bereits in der Brandenburgs XIV. S. 323 u. Protokoll vom 13. Dez. 1905 unter Nr. IV ausführlich besprochen habe. Ich lege Ihnen dazu die Ihnen am 31. Mai v. J. vorgelegte, parallele, die Beobachtungen Verworns durchaus er­gänzende und bestätigende Abhandlung von Klaatsch vor: Die tertiären Silexartefakte aus den subvulkanischen Sanden des Cantal. (Archiv f. Anthropologie 1905 S. 153160. Ich lege hierzu auch eine abfällige Kritik vor in der Naturwissenschaftlichen Wochenschrift vom 15. Oktober 1905 S. 667, worin Edward Hennig den Herrn Verworn und die Eolithe- Anhänger angreift. Diese Kritik zum Teil gestützt auf das bisherige Fehlen menschlicher Gerippereste, zum Teil auf die von uns kürzlich besprochenen Untersuchungen Boules über die Entstehung von modernen Eolithen in den Kreidemühlen, entspricht nicht dem Stande unsers jetzigen Wissens und kann auf eine (ernstliche Beachtung oder Widerle­gung kaum mehr Anspruch erheben.

Sehr zutreffend ist dagegen die Antikritik a. a. 0. Jahrgang 1906 vom 7. Januar S. 2427, die sich mit Recht auf den Verwornschen Standpunkt stellt.

Aus der eingangs gedachten Schrift will ich noch (vgl. S. 52) das Schema der Steinkulturen für unsern Gebrauch in der Brandenburgia anführen, dessen Herr Verworn sich bedient.

Schema der Stelnkulturen nach Verworn.

Eolithische Kultur.

Der Stein wird als Gerät verwendet, wie ihn die Natur bietet, ohne irgend welche künst­liche Bearbeitung. Die Geräte sind als solche nur an ihren Gebrauchsspuren kenntlich.

Archaeolithische Kultur.

Der Stein wird künstlich gespalten. Die Ab­schläge werden durch Randbearbeitung zu Geräten, hauptsächlich zu Schabern herge­richtet, die nur am Gebrauchsrande die An­deutung einer ihrem speziellen Zweck ent­sprechenden Formgebung zeigen.

Palaeolithische Kultur.

Der Stein wird durch Spaltung, Rand- und Flächenbehauung zu konventionellen Gerät­formen verarbeitet, welche die erste An­deutung eines aesthetischen Sinnes zum Aus­druck bringen.

Neolithische Kultur.

Der Stein wird durch Spalten, Behauen, Schleifen, Polieren und künstliche Durch­bohrung zu Geräten von vollendeter Form­gebung verarbeitet.