19. (8. ordentliche) Versammlung des XIV. Vereinsjahres.
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XXIX. Unsere Brandenburgia-Rolandsschau erregt in den fernsten Gegenden Europas, überall da wo sich Rolandspuren erhalten haben, lebhaftes Interesse. So bin ich in der Lage, Ihnen heut eine Photographie des Rolands von Hermannstadt in Siebenbürgen vorzulegen, so wie er sich im dortigen Museum verwahrt und auf- gestellt findet. (Abbildung siehe umstehende Seite.)
Diese Photographie sowie den herumgegebenen Lichtdruck darstellend die Enthauptung des J. Sachs von Hartenek mit dem Schwert auf dem Großen Ring zu Hermannstadt am 5. Dez. 1703, hat auf freundliche Vermittelung von Frl. El. Lemke der Schriftführer des Sebastian Hann Verein für Heimische Kunstbestrebungen Ortsgruppe Hermannstadt Herr Emil Sigerus mit folgenden Spezialbericht eingesendet.
Der Roland von Hermannstadt.
Von Emil Sigerus.
„Um die Mitte des XII. Jahrhunderts rief der ungarische König Geijsa II. deutsche Ansiedler vom Oberrhein „zur Kultivierung der Einöden jenseits des Waldes und zur Erhaltung der Krone“ ins weite, wenig bevölkerte Ungarland und besiedelte mit diesen die äußerste Ecke gegen Osten hin, das grüne, waldreiche Siebenbürgen. Gewiß zu den ältesten Wohnplätzen dieser Deutschen, in Ungarn „Sachsen“ genannt, gehört Hermannstadt, dessen alter deutscher Name „Herrn an st orf“ zum erstenmale urkundlich in einem Bericht über den Mongoleneinfall (1241) aus dem XIII. Jahrhuudert, vorkommt, der, aus der Echternacher Klosterbibliothek stammend, jetzt sich in der Pariser Nationalbibliothek befindet.
Trotz der weiten Entfernung vom Mutterlande hielten die Siebenbürgen Sachsen die Verbindung mit Deutschland stets aufrecht und wurden im fernen Osten zu immer anerkannten Kulturträgern. Ihr Recht, ihr Handel, Gewerbe, Kunst und Leben blieb stets deutsch und Hermannstadt ward der Hauptort der deutschen Kultur, von dem aus dieselbe in das siebenbürgische Hochland, wohl auch noch weiter ausstrahlte. Schon 1376 sind in Ilermannstadt 19 Zünfte und 25 Gewerbe und der zwischem dem Orient und Occident vermittelnde Handel mehrt den Wohlstand der Stadt. Sechszig Jahre später ist die Stadt schon so stark befestigt und so wohl verteidigt, daß die Türken vergeblich den Sturm auf sie unternehmen.
Bei den fortdauernden Beziehungen, die die Siebenbürger Sachsen zu Deutschland unterhielten, wird es wohl niemanden Wunder nehmen, in Hermannstadt eine steinerne Rolandstatue zu finden. Zwar steht dieselbe schon über ein Jahrhundert nicht mehr auf dem Marktplatz, aber sie wird in der städtschen Rüstkammer aufbewahrt und in einem alten Bilde ist ihr ehemaliger Standplatz und die Art ihrer Aufstellung erhalten geblieben.