Heft 
(1907) 15
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Elisabeth Lemke, Italiens Pflanzenwelt in Berlin.

September) die schönen Goldtrauben von Monte silvano in den Abruzzen kommen und sich derartig bewähren, daß sie trotz aller Konkurrenz bis zum Dezember reichlich verkauft werden. Der mit vielen goldenen Medaillen geehrte Hr. Mariotti (aus Florenz nach Berlin übergesiedelt) machte mich neidlos darauf aufmerksam, daß sein Central-Markthallen­nachbar Francesco Boscolo Lisetto (aus Chioggia bei Venedig) die aller­besten Weintrauben habe; so auch von Castellamare Adriatico. Von August bis September stehen den Berlinern außerdem die billigsten italienischen Weintrauben zur Verfügung, nämlich die schwarzen und die weißen aus Bologna, zu denen sich noch die Castell dArquato aus der Lombardei (Provinz Piacenza) gesellen. Im November ziehen sich diese Weintrauben nach Frankreich hin, weil nunmehr die spanischen Trauben in Berlin einrücken. Schließlich sind noch die schönen Trauben aus Pisa zu erwähnen. Wenn es sich um sog. weiße Ware handelt, so ist der Kauf der mit Trauben gefüllten Kisten und Körbe billiger, als wären diese mit gemischten Trauben gefüllt. Die einzelnen Beeren sind z. T. über­raschend groß. Ein sehr oft gehörtes italienisches Sprichwort bezeugt, daß es auch dort viele Unzufriedene gibt:Quando le viti faranno la ghianda (wenn die Reben Eicheln tragen werden), kann man auf Erfüllung über­triebener Wünsche rechnen. Der italienische Wein stammt zumeist von den griechischen Inseln, bildet aber schon seit alter Zeit in berühmten Gewächsen ein Hauptprodukt Italiens, welches Produkt keiner Provinz abgeht. In besonderer Güte gedeiht der Wein auf den Inseln, namentlich auf Sicilien. Seit der 1882 erfolgten Eröffnung der Gotthardbahn gelangen außer den schon immer bei uns heimisch gewesenen Dessertweinen auch die guten italienischen Tischweine zu uns, vorab die toskanischen. (Br.) Von den roten Tischweinen, die man in Berlin zumeist antrift't, nenne ich nur: Barlettino, Vino del Garda, Barbera und den herben Rabosco del Piave; in Strohflaschen (fiaschi) Vino da Pasto und die schönen Chianti (so valle doro vecchio und stravecchio). Von weißen Tischweinen: Bari Bianco und Bianco superiore. Von Dessertweinen: Moscato, Marsala (stravecchio und secco da cucina), Asti spumante (dolce und demi-sec), schließlich Vermouth di Torino (Ferrero und Cora). Verhältnismäßig wenige Berliner hörte ich den italienischen Wein loben. Ich sehe darin weniger das Übergewicht zum Gambrinus-Kultus, als den Beweis, daß sehr viele Berliner noch nicht oder doch nicht genügend im schönen Italien weilten, oder daß sie dort nicht vergessen konnten, welche herrlichen Weine vom Rhein, von Frankreich u. s. w. kommen. Aber der für alle Zeit dem Italien - Zauber Verfallene wird keine Gelegenheit Vorbeigehen lassen, in Berlin ein evviva Italia mit vino rosso oder vino bianco zu trinken. Natürlich ist Unsereins in solchen Fragen nicht nur nicht maßgebend, sondern sogar recht unsachlich parteiisch.