Elisabeth Lemke, Italiens Pflanzenwelt in Berlin.
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Wer Mais dem Weizen vorzieht, der kann sich hier polenta kaufen. Reichlich kommen Maishaare her, die in den Drogen Verwendung finden. (R.)
Groß war mein Erstaunen, durch Herrn Riedel zu erfahren, daß Wachholderbeeren zu Tausenden von Centnern aus Livorno her- kommen: 100 Kilo 15 M. In diesem Jahre aber ist die Ernte, in Folge ungünstiger Witterung, sehr knapp gewesen, und daher kosten die Wachholder beeren augenblicklich 100 Kilo 20—24 M. Es handelt sich aber, wie mir Herr Geh.-Rat Ascherson sagte, nicht um unsern Juniperus communis L., sondern um Juniperus oxycedrus, dessen Beeren rot sind.
Getrocknete italienische Lorbeeren kosten in Berlin 100 Kilo 20 M, stielfreie Blätter (von Livorno und Triest) 25—30 M. Fettes, butterartiges Lorbeeröl, 100 Kilo 150 M, kommt vom Gardasee. Die Blätter, auch frische für Bindereien, werden in sehr großen Mengen hergeschafft. (R.)
Der unserer Dillypflanze ähnelnde Fenchel (Foeniculum officinale All.), stellenweise auch bei uns im großen gezogen, ist wohl in den Mittelmeerländern einheimisch, von wo aus er ebenfalls auf unsere Tafel kommt. So der italienische oder Bologneser Fenchel (finocchio). Aus Neapel kommt er im Februar oder März nach Berlin. Durch Bedecken mit Erde werden die untern Teile der Stengel und Blätter gebleicht. Hiesige Drogen ziehen für Fenchelöl und Fenchelwasser den in Thüringen gewonnenen vor. (R.)
Mit dem gebleichten Fenchel sind wir zu den Gemüsen gelangt. Da möge denn zuerst die (auch bei uns gezogene) Artischocke (Cynara scolymus L.) ital. carciofi, eine veredelte Distel, genannt werden, die um so besser ausfallen soll, je mehr Blütenköpfe man ihr vorher wegnimmt. Begeisterte Freunde haben sie „die Königin der Gemüse“ genannt. Das könnte bei gutem Kochen und bester, unserm Geschmack entsprechender Anrichtung auch beinahe berechtigt sein; indessen bietet uns der Italiener gern Artischocken „in Öl schwimmend“ an, und das ist (wie schon gesagt) nicht jedermanns Freude. Manchen langweilen auch die vielen Blätter. — Es mag hier ein aus dem Jahre 1717 stammendes Rezept erwähnt werden. „Die Artischocken werden abgebrüht, dann in einer „Kachelpfannen“ mit Fleischbrüh, Butter, Pfeffer, Imber, Muskatblüh und Saltz gekocht, mit einem Schäufflein oder breiten Löffel „züchtig“ herausgelangt, in Ordnung aufrecht in das Zinn gestellt, mit Brühe übergossen und aufgetragen.“*) Mariotti erhält die ersten Artischocken von Sicilien, darauf (im Februar oder März) Artischocken aus Neapel, dessen „große, grüne“ bei uns besonders beliebt sind. Andere kommen aus Bisceglie, Florenz, Bologna und aus den Abruzzen.
Von ganz Italien kommen (obgleich sie seit vielen Jahren auch schon bei uns in reichem Maße angebaut werden) die Tomaten (Solanum
*) E - v - Kudriaffsky, Die Historische Küche, (A. Hartlehen, 1880.) S. 202.